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Adiuva et Protege Adventskalender – 14.12. – Schwarzer Nebel

Der Morgen graute bereits, als die Siegesfeier in JWD ihr Ende fand. Funny und Darin waren schon vor Stunden verschwunden und auch die geretteten Abenteurer schliefen tief und fest. Nur Rawenna, energiegeladen wie eh und je, hatte zu später Stunde noch ein kleines Fass Met für sich und Lily angestochen. Irgendwann fanden aber auch sie den Weg ins Bett.

Es war bereits später Vormittag, als Rawenna das wohl späteste Frühstück der Geschichte vorbereitete. Kurz danach verabschiedete sich die gerettete Gruppe. Bob, Gabriella, Losann und Laina wollten zurück nach Silberfurt, um ihre Wunden zu pflegen – und der Legende von Adiuva et Protege ein weiteres Kapitel hinzufügen.

Lily schlief noch. Jeder am Tisch wusste: Pünktlich zum Mittagessen würde auch diese „Morgenkatastrophe“ (O-Ton Funny) wieder unter den Lebenden weilen. Und so war es. Lily erschien, zerzaust aber hungrig, genau als der Eintopf auf den Tisch kam.


Der Schatten kommt

Am frühen Nachmittag zogen von Norden her dunkle Wolken auf. Sie wirkten unnatürlich dicht und schwarz. Rawenna blickte skeptisch zum Himmel.

„Uhhhh. Das sieht nach einem Schneesturm aus. Darin, mein Schatz, ist alles unwetterfest?“

„Ich kümmere mich drum“, murmelte Darin.

Eine Stunde später stand Funny auf der Veranda und runzelte die Stirn.

„Irgendetwas stimmt nicht. Die Wolken… sie ziehen gegen den Wind!“

Plötzlich heulte ein Warnsignal auf – und erstarb im selben Moment mit einem gequälten Zzzzt. Lily stürzte aus dem Haus, noch einen Löffel in der Hand.

„Ich war’s nicht! Ich hab nichts gemacht! Aber im Haus flackern alle Lampen.“

Darin rannte zum kleinen Torhäuschen, das vollgestopft war mit seiner Runen-Überwachungstechnik. Funny folgte ihm auf dem Fuß. Darin starrte auf tote Displays. Er schlug frustriert auf die Konsole.

„Irgendetwas zerstört unsere Sensoren. Es kommt von Norden. Aus der Ödnis.“

„Die dunklen Wolken, die gegen den Strom fliegen?“ fragte Funny.

„Möglich. So weit draußen habe ich keine Kameras, nur magisch verstärkte Sensoren. Aber jetzt… tot.“ Darin schüttelte den Kopf. „Entweder schirmt etwas die Magie ab, oder die Magie der Sensoren existiert einfach nicht mehr. Verdammt!“

Von draußen rief Rawenna: „Darin! Funny! Kommt schnell! Hier stimmt was nicht!“

Sie traten auf den Hof. Es war stockfinster. Um 14:00 Uhr nachmittags. Das war selbst für einen Wintertag ungewöhnlich. Die Hofbeleuchtung flackerte wild, ging aber nicht an.

„Magie-Basis“, murmelte Darin düster. „An oder Aus. Entweder es gibt Magie, oder es gibt keine.“

Sie stiegen auf den kleinen Wachturm, wo Rawenna und Lily bereits Ausschau hielten.

„Schaut mal“, sagte Rawenna leise. „Als ob die Welt verschwindet.“

Draußen vor den Wällen war nichts mehr. Nur Schwärze. Darin wollte nach einem Fernrohr in seiner Itembox greifen.

„STOP!“ rief Funny scharf. „Benutze nicht die Itembox! Sie ist pure Magie. Wenn der Energiefluss gestört ist, könnte sie kollabieren. Wir verlieren dann alles, was wir hineingelegt haben.“

Darin erstarrte, dann nickte er langsam.

„Guter Punkt. Mama, Lily, Funny – schaltet alles Magische ab. Keine Zauber.“

Es wurde noch dunkler. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen.

„Mama, hast du noch Papas Streichhölzer?“ fragte Darin.

„Ja. Ich hole sie.“

Kurze Zeit später flammten drei große Holzfeuer im Hof auf. Das flackernde Licht war das Einzige, was die Dunkelheit zurückhielt. Rawenna hatte im Gastraum alte Ölfackeln entzündet. Funny hatte eine Idee. „Rawenna, hast du ein großes Glas? Ich will etwas von der Dunkelheit einfangen.“

Lily wollte loslachen – Dunkelheit einfangen? Doch Funnys Blick war todernst.

„Gestern“, sagte Lily schnell, „haben wir das große Glas mit den eingelegten Früchten leergemacht. Eine Beere für Funny, eine für Darin… weißt du noch? Das war so süß wie ihr euch gegenseitig gefüttert habt“

Funny lächelte kurz bei der Erinnerung.

„Ja. Das ist perfekt. Hol es bitte!“

Lily verschwand und kam mit dem Glas zurück. Funny ging mutig zum Tor. Sie lief ein paar Meter in die Schwärze hinein, schöpfte mit dem offenen Glas durch die Luft und verschloss es luftdicht. Als sie zurück zum Feuer kam, starrten alle auf das Glas. Es war nicht mehr durchsichtig. Ein schwarzer Nebel waberte darin wie lebendig.

„Tut mir leid, Lily“, sagte Funny. „Ich brauche noch eins. Leer. Verschlossen. Und NICHT öffnen.“

Lily, die sich langsam wirklich gruselte, rannte los.

Sie brachte das zweite Glas. Funny öffnete es, schöpfte Luft neben dem Feuer, und verschloss es wieder.

„Schaut“, sagte sie. Glas 1 (Draußen): Dunkel, undurchsichtig. Glas 2 (Am Feuer): Klar, leer.

Darin, der gerade Holz nachlegte, stutzte.

„Täuscht das, oder ist Glas 1 jetzt weniger dunkel?“

Lily hielt es dichter ans Feuer.

„Hey! Es wird durchsichtig!“

Funny riss es ihr fast aus der Hand.

„Vorsicht! Nicht zu heiß werden lassen! Es zerspringt sonst. Ich kann aktuell keine Verletzungen heilen.“

Darin runzelte die Stirn.

„Hitze löst den Nebel auf?“

Funny: „Ich hole Nachschub. Das Experiment muss wiederholt werden.“

„Du gehst da nicht alleine raus!“ rief Darin erschrocken.

Funny lächelte ihn sanft an.

„Nur ein paar Schritte, Darin. Aus dem Lichtkreis raus.“

Sie ging, schöpfte erneut die Dunkelheit, kam zurück – aber hielt Abstand zum Feuer. Im Glas waberte es. Dann ging sie nah ans Feuer heran. Der Nebel verschwand.

„Wärme zerstört es“, stellte Funny fest.


Das Labor-Experiment

„Mama“, fragte Darin, „hast du noch den Mikroskop-Kasten, den Papa mal aus der Menschenwelt mitgebracht hat?“

Rawenna verzog das Gesicht.

„Iiiiieh. Das Ding, mit dem du mir die Milben in den Betten gezeigt hast? Ja. Steht im alten Labor. Das Teil fass‘ ich nie wieder an!“

Funny und Darin gingen ins Labor. Auf dem Weg dahin ergriff sie eine der Fackeln aus dem Gästeraum. Es war dunkel. Nur die Fackel in Funnys Hand spendete ein schwaches funzeliges Licht. Darin wühlte in einer großen Kiste.

„Gefunden! 400-fache Vergrößerung. Rein optisch, keine Magie.“

Er präparierte einen Glasträger mit durchsichtigem Klebeband, den er von einem Roller löste, den er von irgendwo hervor zog.

Er murmelte: „In einem guten Haushalt geht nichts verloren.“

Funny lachte leise: „Man muss nur lange genug suchen!“

Er klebte den Streifen so auf ein Stück Glas, dass die Klebefläche nach oben zeigte, und fing etwas von dem Nebel aus Funnys Glas ein. Dann schob er es unter das Mikroskop.

„Zu dunkel. Verdammt.“

Funny zeigte auf einen kleinen Schalter.

„Wofür ist der?“

Darin schlug sich vor die Stirn.

„Die LED-Beleuchtung! Batteriebetrieben! Du bist genial, Funny!“

Funny wurde rot und lächelte. Er drückte den Knopf. Ein schwaches Licht flammte auf.

Darin blickte durch das Mikroskop. Bei 400-fach sah er winzige schwarze Punkte auf dem Klebeband.

„Wie Insekten“, flüsterte er. „Winzig klein.“

„Lass mich mal“, sagte Funny. Sie blickte hinein und sandte einen winzigen, kontrollierten Magie-Impuls auf das Präparat.

„WAHNSINN!“

Darin erschrak, als der Klebestreifen vollständig schwarz wurde.

„FUNNY, HÖR AUF!“

Er schob sie sanft zur Seite und schaute selbst noch einmal durch das Mikroskop. Der Klebestreifen war jetzt komplett schwarz. Die Punkte hatten sich verdoppelt, verdreifacht und waren gewachsen.

„Magie füttert sie“, erkannte Darin bleich. „Sie vervielfältigen sich durch Mana.“

Er hielt den Träger an die Fackel. Zisch. Sauber.

„Und Wärme tötet sie.“

Darin dachte scharf nach und erinnerte sich.

„Das sind Mana-Fresser.“

„Aber woher kommen sie?“ fragte Funny. „In der Ödnis gibt es doch nichts. Keine Magie, keine Pflanzen, keine Tiere, nichts.“

Funny schüttelte sich: „Und wir atmen sie ein…“

Darin starrte an die Wand.

„Nein, unsere Eigentemperatur ist so hoch, dass sie sofort zerfallen. Deshalb sind ja auch im Haus keine und durch die Feuer haben wir den Hof freigehalten. Aber wo kommen sie her?“

Darin grübelte.

„Die Kriegswölfe!“

„Wieso?“

„Abenteurer verbrennen normalerweise die Reste von Monstern, weil sie voller wilder Magie stecken. Aber gestern… wir waren erschöpft. Wir haben 24 hochmagische Kriegswölfe einfach dort liegen lassen.“

Funny schlug die Hand vor den Mund.

„Ein Buffet. Die Kadaver haben die Mana-Fresser angelockt und vermehrt. Und jetzt, wo die Wölfe leergefressen sind, suchen sie die nächste Quelle heim: JWD.“


Der Plan

Zurück im Hof bei Lily und Rawenna fassten sie die Erkenntnisse zusammen.

„Hitze verjagt sie. Magie zieht sie an“, erklärte Funny. „Wenn wir sie nur verjagen, ziehen sie weiter – vielleicht nach Blumental. Das wäre eine Katastrophe.“

„Wieso sind sie noch hier?“ fragte Lily und sah sich nervös um. „Wir haben doch alles abgeschaltet.“

Darin sah sie ernst an.

„Ich zähle genau vier aktive Magiequellen, die sehr hell leuchten.“

Lily wollte losstürmen.

„Wo? Ich schalt alles aus!“

Funny hielt sie fest.

„Li-chan. Er meint uns.“

Lily stutzte. Funny sah Darin an, ihre Wangen röteten sich leicht.

„Wir Blumenelfen entstehen aus tiefen Gefühlen füreinander. Wir sind Geschöpfe aus reinem Licht und Liebe. Wir sind Magie pur.“

Darin blickte Funny in die Augen, und auch er wurde rot. Die Luft zwischen ihnen knisterte kurz.

„Genau“, Funny versuchte sich wieder zu konzentrieren. „Unser Körper kapselt diese Magie. Solange wir nichts… Magisches machen…“ – Funny wurde sich der Zweideutigkeit bewusst und wurde jetzt knallrot – „…wird keine Energie freigesetzt. Aber schon Fliegen reicht. Oder starke Emotionen. Für die Mana-Fresser leuchten wir selbst jetzt wie Leuchttürme. Und deshalb konzentriert sich der Schwarm immer noch auf JWD. Er wartet sozusagen darauf, über uns herfallen zu können“

Rawenna räusperte sich amüsiert.

„Also, Darin. Plan?“

Darin grinste. Er öffnete die aus dem Labor mitgebrachte Kiste mit der Aufschrift Gefährlich.

„Wir brauchen einen offenen Feuerring. In die Mitte stellen wir diesen Magie-Induktor. Der sendet einen konzentrierten Mana-Strahl aus. Mana ist pure Magie. Die Biester werden sich gierig darauf stürzen, das Feuer ignorieren – und in der Hitze verbrennen.“

Rawenna strahlte vor Stolz.

„Mein Sohn! Und meine Schwiegertochter in spe!“

Funny und Darin liefen synchron rot an. Lily kicherte und umarmte ihre beiden besten Freunde gleichzeitig.

Der Plan wurde umgesetzt. Sie bauten den Feuerring. Darin stellte den Induktor in die Mitte und aktivierte ihn. Ein surrendes Geräusch ertönte. Sofort begann sich die Schwärze um sie herum zu bewegen. Sie strömte wie Wasser auf das Feuer zu, ignorierte die Hitze in ihrer Gier nach dem Mana – und verging in kleinen, schwarzen Wölkchen.

Stunde um Stunde verging. Der Himmel wurde langsam wieder sichtbar. Sterne funkelten.

„Es ist vorbei“, sagte Funny leise. „Die Mana-Fresser sind aufgelöst.“

„Morgen informieren wir Kaelan“, entschied Darin. „Er muss eine Expedition in die Ödnis schicken. Irgendwoher müssen diese Viecher gekommen sein. Wir müssen die Hypothese von den ausgesaugten Kriegswölfen überprüfen.“

Alle nickten. Zur Sicherheit ließen sie das Feuer die ganze Nacht brennen und schalteten auch den Induktor nicht ab. Erst als die Morgensonne über JWD aufging, fuhr Darin die Sicherheitssysteme wieder hoch – und Rawenna konnte endlich wieder ihre geliebte Kaffeemaschine benutzen.


Mehr Lust auf Abenteuer von Funny, Lily und Darin?
Dann schaut ins Buch „Die Akademie der Krone“, des 1. Bandes der „Chroniken der Wächter“. Jetzt beim Carow Verlag bestellen!

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Kommentare

Eine Antwort zu „Adiuva et Protege Adventskalender – 14.12. – Schwarzer Nebel“

  1. Avatar von Ursula
    Ursula

    Tolle Story.

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Adiuva et Protege Adventskalender – 14.12. – Schwarzer Nebel

Der Morgen graute bereits, als die Siegesfeier in JWD ihr Ende fand. Funny und Darin waren schon vor Stunden verschwunden und auch die geretteten Abenteurer schliefen tief und fest. Nur Rawenna, energiegeladen wie eh und je, hatte zu später Stunde noch ein kleines Fass Met für sich und Lily angestochen. Irgendwann fanden aber auch sie den Weg ins Bett.

Es war bereits später Vormittag, als Rawenna das wohl späteste Frühstück der Geschichte vorbereitete. Kurz danach verabschiedete sich die gerettete Gruppe. Bob, Gabriella, Losann und Laina wollten zurück nach Silberfurt, um ihre Wunden zu pflegen – und der Legende von Adiuva et Protege ein weiteres Kapitel hinzufügen.

Lily schlief noch. Jeder am Tisch wusste: Pünktlich zum Mittagessen würde auch diese „Morgenkatastrophe“ (O-Ton Funny) wieder unter den Lebenden weilen. Und so war es. Lily erschien, zerzaust aber hungrig, genau als der Eintopf auf den Tisch kam.


Der Schatten kommt

Am frühen Nachmittag zogen von Norden her dunkle Wolken auf. Sie wirkten unnatürlich dicht und schwarz. Rawenna blickte skeptisch zum Himmel.

„Uhhhh. Das sieht nach einem Schneesturm aus. Darin, mein Schatz, ist alles unwetterfest?“

„Ich kümmere mich drum“, murmelte Darin.

Eine Stunde später stand Funny auf der Veranda und runzelte die Stirn.

„Irgendetwas stimmt nicht. Die Wolken… sie ziehen gegen den Wind!“

Plötzlich heulte ein Warnsignal auf – und erstarb im selben Moment mit einem gequälten Zzzzt. Lily stürzte aus dem Haus, noch einen Löffel in der Hand.

„Ich war’s nicht! Ich hab nichts gemacht! Aber im Haus flackern alle Lampen.“

Darin rannte zum kleinen Torhäuschen, das vollgestopft war mit seiner Runen-Überwachungstechnik. Funny folgte ihm auf dem Fuß. Darin starrte auf tote Displays. Er schlug frustriert auf die Konsole.

„Irgendetwas zerstört unsere Sensoren. Es kommt von Norden. Aus der Ödnis.“

„Die dunklen Wolken, die gegen den Strom fliegen?“ fragte Funny.

„Möglich. So weit draußen habe ich keine Kameras, nur magisch verstärkte Sensoren. Aber jetzt… tot.“ Darin schüttelte den Kopf. „Entweder schirmt etwas die Magie ab, oder die Magie der Sensoren existiert einfach nicht mehr. Verdammt!“

Von draußen rief Rawenna: „Darin! Funny! Kommt schnell! Hier stimmt was nicht!“

Sie traten auf den Hof. Es war stockfinster. Um 14:00 Uhr nachmittags. Das war selbst für einen Wintertag ungewöhnlich. Die Hofbeleuchtung flackerte wild, ging aber nicht an.

„Magie-Basis“, murmelte Darin düster. „An oder Aus. Entweder es gibt Magie, oder es gibt keine.“

Sie stiegen auf den kleinen Wachturm, wo Rawenna und Lily bereits Ausschau hielten.

„Schaut mal“, sagte Rawenna leise. „Als ob die Welt verschwindet.“

Draußen vor den Wällen war nichts mehr. Nur Schwärze. Darin wollte nach einem Fernrohr in seiner Itembox greifen.

„STOP!“ rief Funny scharf. „Benutze nicht die Itembox! Sie ist pure Magie. Wenn der Energiefluss gestört ist, könnte sie kollabieren. Wir verlieren dann alles, was wir hineingelegt haben.“

Darin erstarrte, dann nickte er langsam.

„Guter Punkt. Mama, Lily, Funny – schaltet alles Magische ab. Keine Zauber.“

Es wurde noch dunkler. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen.

„Mama, hast du noch Papas Streichhölzer?“ fragte Darin.

„Ja. Ich hole sie.“

Kurze Zeit später flammten drei große Holzfeuer im Hof auf. Das flackernde Licht war das Einzige, was die Dunkelheit zurückhielt. Rawenna hatte im Gastraum alte Ölfackeln entzündet. Funny hatte eine Idee. „Rawenna, hast du ein großes Glas? Ich will etwas von der Dunkelheit einfangen.“

Lily wollte loslachen – Dunkelheit einfangen? Doch Funnys Blick war todernst.

„Gestern“, sagte Lily schnell, „haben wir das große Glas mit den eingelegten Früchten leergemacht. Eine Beere für Funny, eine für Darin… weißt du noch? Das war so süß wie ihr euch gegenseitig gefüttert habt“

Funny lächelte kurz bei der Erinnerung.

„Ja. Das ist perfekt. Hol es bitte!“

Lily verschwand und kam mit dem Glas zurück. Funny ging mutig zum Tor. Sie lief ein paar Meter in die Schwärze hinein, schöpfte mit dem offenen Glas durch die Luft und verschloss es luftdicht. Als sie zurück zum Feuer kam, starrten alle auf das Glas. Es war nicht mehr durchsichtig. Ein schwarzer Nebel waberte darin wie lebendig.

„Tut mir leid, Lily“, sagte Funny. „Ich brauche noch eins. Leer. Verschlossen. Und NICHT öffnen.“

Lily, die sich langsam wirklich gruselte, rannte los.

Sie brachte das zweite Glas. Funny öffnete es, schöpfte Luft neben dem Feuer, und verschloss es wieder.

„Schaut“, sagte sie. Glas 1 (Draußen): Dunkel, undurchsichtig. Glas 2 (Am Feuer): Klar, leer.

Darin, der gerade Holz nachlegte, stutzte.

„Täuscht das, oder ist Glas 1 jetzt weniger dunkel?“

Lily hielt es dichter ans Feuer.

„Hey! Es wird durchsichtig!“

Funny riss es ihr fast aus der Hand.

„Vorsicht! Nicht zu heiß werden lassen! Es zerspringt sonst. Ich kann aktuell keine Verletzungen heilen.“

Darin runzelte die Stirn.

„Hitze löst den Nebel auf?“

Funny: „Ich hole Nachschub. Das Experiment muss wiederholt werden.“

„Du gehst da nicht alleine raus!“ rief Darin erschrocken.

Funny lächelte ihn sanft an.

„Nur ein paar Schritte, Darin. Aus dem Lichtkreis raus.“

Sie ging, schöpfte erneut die Dunkelheit, kam zurück – aber hielt Abstand zum Feuer. Im Glas waberte es. Dann ging sie nah ans Feuer heran. Der Nebel verschwand.

„Wärme zerstört es“, stellte Funny fest.


Das Labor-Experiment

„Mama“, fragte Darin, „hast du noch den Mikroskop-Kasten, den Papa mal aus der Menschenwelt mitgebracht hat?“

Rawenna verzog das Gesicht.

„Iiiiieh. Das Ding, mit dem du mir die Milben in den Betten gezeigt hast? Ja. Steht im alten Labor. Das Teil fass‘ ich nie wieder an!“

Funny und Darin gingen ins Labor. Auf dem Weg dahin ergriff sie eine der Fackeln aus dem Gästeraum. Es war dunkel. Nur die Fackel in Funnys Hand spendete ein schwaches funzeliges Licht. Darin wühlte in einer großen Kiste.

„Gefunden! 400-fache Vergrößerung. Rein optisch, keine Magie.“

Er präparierte einen Glasträger mit durchsichtigem Klebeband, den er von einem Roller löste, den er von irgendwo hervor zog.

Er murmelte: „In einem guten Haushalt geht nichts verloren.“

Funny lachte leise: „Man muss nur lange genug suchen!“

Er klebte den Streifen so auf ein Stück Glas, dass die Klebefläche nach oben zeigte, und fing etwas von dem Nebel aus Funnys Glas ein. Dann schob er es unter das Mikroskop.

„Zu dunkel. Verdammt.“

Funny zeigte auf einen kleinen Schalter.

„Wofür ist der?“

Darin schlug sich vor die Stirn.

„Die LED-Beleuchtung! Batteriebetrieben! Du bist genial, Funny!“

Funny wurde rot und lächelte. Er drückte den Knopf. Ein schwaches Licht flammte auf.

Darin blickte durch das Mikroskop. Bei 400-fach sah er winzige schwarze Punkte auf dem Klebeband.

„Wie Insekten“, flüsterte er. „Winzig klein.“

„Lass mich mal“, sagte Funny. Sie blickte hinein und sandte einen winzigen, kontrollierten Magie-Impuls auf das Präparat.

„WAHNSINN!“

Darin erschrak, als der Klebestreifen vollständig schwarz wurde.

„FUNNY, HÖR AUF!“

Er schob sie sanft zur Seite und schaute selbst noch einmal durch das Mikroskop. Der Klebestreifen war jetzt komplett schwarz. Die Punkte hatten sich verdoppelt, verdreifacht und waren gewachsen.

„Magie füttert sie“, erkannte Darin bleich. „Sie vervielfältigen sich durch Mana.“

Er hielt den Träger an die Fackel. Zisch. Sauber.

„Und Wärme tötet sie.“

Darin dachte scharf nach und erinnerte sich.

„Das sind Mana-Fresser.“

„Aber woher kommen sie?“ fragte Funny. „In der Ödnis gibt es doch nichts. Keine Magie, keine Pflanzen, keine Tiere, nichts.“

Funny schüttelte sich: „Und wir atmen sie ein…“

Darin starrte an die Wand.

„Nein, unsere Eigentemperatur ist so hoch, dass sie sofort zerfallen. Deshalb sind ja auch im Haus keine und durch die Feuer haben wir den Hof freigehalten. Aber wo kommen sie her?“

Darin grübelte.

„Die Kriegswölfe!“

„Wieso?“

„Abenteurer verbrennen normalerweise die Reste von Monstern, weil sie voller wilder Magie stecken. Aber gestern… wir waren erschöpft. Wir haben 24 hochmagische Kriegswölfe einfach dort liegen lassen.“

Funny schlug die Hand vor den Mund.

„Ein Buffet. Die Kadaver haben die Mana-Fresser angelockt und vermehrt. Und jetzt, wo die Wölfe leergefressen sind, suchen sie die nächste Quelle heim: JWD.“


Der Plan

Zurück im Hof bei Lily und Rawenna fassten sie die Erkenntnisse zusammen.

„Hitze verjagt sie. Magie zieht sie an“, erklärte Funny. „Wenn wir sie nur verjagen, ziehen sie weiter – vielleicht nach Blumental. Das wäre eine Katastrophe.“

„Wieso sind sie noch hier?“ fragte Lily und sah sich nervös um. „Wir haben doch alles abgeschaltet.“

Darin sah sie ernst an.

„Ich zähle genau vier aktive Magiequellen, die sehr hell leuchten.“

Lily wollte losstürmen.

„Wo? Ich schalt alles aus!“

Funny hielt sie fest.

„Li-chan. Er meint uns.“

Lily stutzte. Funny sah Darin an, ihre Wangen röteten sich leicht.

„Wir Blumenelfen entstehen aus tiefen Gefühlen füreinander. Wir sind Geschöpfe aus reinem Licht und Liebe. Wir sind Magie pur.“

Darin blickte Funny in die Augen, und auch er wurde rot. Die Luft zwischen ihnen knisterte kurz.

„Genau“, Funny versuchte sich wieder zu konzentrieren. „Unser Körper kapselt diese Magie. Solange wir nichts… Magisches machen…“ – Funny wurde sich der Zweideutigkeit bewusst und wurde jetzt knallrot – „…wird keine Energie freigesetzt. Aber schon Fliegen reicht. Oder starke Emotionen. Für die Mana-Fresser leuchten wir selbst jetzt wie Leuchttürme. Und deshalb konzentriert sich der Schwarm immer noch auf JWD. Er wartet sozusagen darauf, über uns herfallen zu können“

Rawenna räusperte sich amüsiert.

„Also, Darin. Plan?“

Darin grinste. Er öffnete die aus dem Labor mitgebrachte Kiste mit der Aufschrift Gefährlich.

„Wir brauchen einen offenen Feuerring. In die Mitte stellen wir diesen Magie-Induktor. Der sendet einen konzentrierten Mana-Strahl aus. Mana ist pure Magie. Die Biester werden sich gierig darauf stürzen, das Feuer ignorieren – und in der Hitze verbrennen.“

Rawenna strahlte vor Stolz.

„Mein Sohn! Und meine Schwiegertochter in spe!“

Funny und Darin liefen synchron rot an. Lily kicherte und umarmte ihre beiden besten Freunde gleichzeitig.

Der Plan wurde umgesetzt. Sie bauten den Feuerring. Darin stellte den Induktor in die Mitte und aktivierte ihn. Ein surrendes Geräusch ertönte. Sofort begann sich die Schwärze um sie herum zu bewegen. Sie strömte wie Wasser auf das Feuer zu, ignorierte die Hitze in ihrer Gier nach dem Mana – und verging in kleinen, schwarzen Wölkchen.

Stunde um Stunde verging. Der Himmel wurde langsam wieder sichtbar. Sterne funkelten.

„Es ist vorbei“, sagte Funny leise. „Die Mana-Fresser sind aufgelöst.“

„Morgen informieren wir Kaelan“, entschied Darin. „Er muss eine Expedition in die Ödnis schicken. Irgendwoher müssen diese Viecher gekommen sein. Wir müssen die Hypothese von den ausgesaugten Kriegswölfen überprüfen.“

Alle nickten. Zur Sicherheit ließen sie das Feuer die ganze Nacht brennen und schalteten auch den Induktor nicht ab. Erst als die Morgensonne über JWD aufging, fuhr Darin die Sicherheitssysteme wieder hoch – und Rawenna konnte endlich wieder ihre geliebte Kaffeemaschine benutzen.


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