In der Zentrale von Feenland herrscht eine angenehme, fast schläfrige Ruhe. Goldene Lichter glimmen an geschwungenen Deckenbögen, aus den verzierten Wänden wachsen blumenumrankte Schaltpulte, deren Oberfläche zwar aussehen wie poliertes Holz, jedoch auf sanfte Berührung mit den Fingerspitzen surrend zum Leben erwachen. Über allem thront der große Kontrollschirm – eine ovale Fläche, die in zartem Schimmer die Welt des magischen Landes zeigt.
Funny streicht sich ihre kurzen blauen Haare aus der Stirn und sitzt völlig entspannt auf einem samtigen Sessel. Ihre himmelblauen Augen wandern ruhig über die Anzeigen.

„Grenzlinie West stabil. Magiepegel bei 87%. Kein Grund zur Panik“, sagt sie gelassen und tippt mit einem eleganten Finger auf ein Kristallfeld. Eine weitere Ansicht erscheint – ein sonnendurchflutetes Tal, in dem glitzernde Runen wie Seifenblasen in der Luft tanzen.
„Ich hab gerade den Abwehrzauber auf der Nordgrenze um drei Einheiten erhöht“, murmelt Darin, der sich unter einen der Arbeitsplätze gekauert hatte, um die Änderung eines Signalflusses zu messen. Nur seine Flügelspitzen und ein Hauch seines silberfarbenen Schopfes ragen über den Rand.
„Das System hat da eine kleine Schwankung angezeigt.“
„Sicher ist sicher“, bestätigt Funny mit einem Nicken.
Am Rand des Raums steht Lily. Ihre Blütenflügel zittern leicht, während sie mit großen, neugierigen Augen zwischen den beiden hin- und herschaut. Ihre Finger umklammern ein Blatt Papier, auf dem sie sich verzweifelt Notizen zu machen versucht. Erst jetzt wurde sich Lilly bewusst, wie mächtig, magisch gesehen, ihre beste Freundin ist.

„Wow… ihr macht das einfach so? Ohne Zauberformel, ohne Nachschlagen, ohne… ohne überhaupt nervös zu werden?“
Funny grinst.
„Routine, Li-chan. Irgendwann wirst du das auch alles mit links machen.“
„Ich bin so aufgeregt! Ich hab‘ die ganze Nacht nicht geschlafen! Was, wenn ich was falsch mache? Was, wenn ein Monster durchkommt und alles in Feenland verwüstet? Was, wenn ich das Alarmsystem aus Versehen selbst auslöse?“
„Dann… machen wir eben ein Picknick und feiern die Apokalypse“, ruft Darin von unten und schiebt sich wieder aus dem Technikschacht hervor. „Aber keine Sorge. Solange du nicht an diesem großen roten Hebel ziehst, ist alles gut.“
Lily dreht sich panisch zum Hebel um, der unschuldig aus Ihrem Pult ragt. Ihre langen roten Haare wirbeln herum. Langsam setzt sie sich auf ihren Sessel am Kontrollpult und schaltet die Bereitschaft ein. Sirrend fahren die Kontrollen hoch.

„War nur ein Scherz!“, lacht Darin. „Der ist sowieso schon seit Jahrzehnten ohne Funktion.“
Funny schmunzelt, als plötzlich – PING! – ein schriller Ton ertönt. Eine kleine Lampe direkt vor Lily beginnt hektisch rot zu blinken.
Dann… noch eine.
Und noch eine.
„Äh… äh… was… was ist das?!“, kreischt Lily und beugt sich vor, ihre Flügel schlagen flatternd gegen die Sessellehne.
„Ist das ein Eindringling?! Ein Monster?! Oh Elfenwurz, ich hab’s kaputt gemacht, ich wusste es!“
„Ruhig, Lily“, beruhigt Funny mit fester Stimme und steht langsam auf, ihre Hand bereits über den Schaltfeldern.
„Darin, Status.“
„Ich seh‘ nach“, murmelt er, während er sich blitzschnell zum Hauptverteiler im Rosenraum bewegt.

ZAPP.
ZISCH.
Dann… Dunkelheit.
Alle Kontrollmonitore erlöschen.
Für den Bruchteil einer Sekunde herrscht vollkommene Stille in der Zentrale – ein Zustand, der dort eigentlich nie eintreten sollte.
„Okay, das ist… nicht ideal“, kommentiert Funny, während sie bereits das Notfallsystem aktiviert. Ein schwaches, bläuliches Leuchten kriech langsam über die Schaltpulte.
„Darin?“
Darin sprintet regelrecht zurück in die Zentrale.
„Ich prüfe die Datenverbindungen. Lily, du verstärkst alle aktiven Abwehrzauber. Auch ohne Sichtkontrolle.“
„Oh! Ohne Sicht?! Aber was, wenn ich die falschen Kalibrierungen erwische? Oder die Zauber überlaste? Oder–“
„Lily!“
Funny legt ihr die Hand auf die Schulter.
„Du kannst das. Hör auf zu zweifeln! Wir brauchen dich.“

Lily nickt heftig. Ihre Augen glänzen.
„O-okay… für Feenland!“
Dann stürzt sie sich auf das magische Bedienfeld, wobei sie fast über ein Kabel stolpert.
„Entschuldigung!“
Darin hatte inzwischen das Hauptpanel geöffnet.
„Mist. Der zentrale Steuerswitch ist… tot. Keine Lichter. Keine Geräusche. Kein Lebenszeichen.“
„Kannst du ihn austauschen?“, fragt Funny ruhig, während sie über das verbliebene Lichtfeld einen Notzauber spricht, um zumindest die äußeren Schutzkuppeln stabil zu halten.
„Ich schick Lily ins Ersatzteillager“, überlegt Darin, „wenn da ein Modell 9A-XZ liegt, können wir in zehn Minuten wieder online sein.“
„Bin schon unterwegs!“
Lily stürzt mit wehenden Flügeln aus dem Raum.
Funny beobachtet sie kurz, dann sieht sie zu Darin. „Wie kritisch ist es?“
„Ohne den Switch? Wir sind jetzt blind und taub. Die äußeren Felder laufen autonom, aber wenn jetzt jemand – oder etwas – die Abschirmung testet… könnten wir es zu spät bemerken.“
Keine Minute später stürmt Lily zurück – panisch, schnaufend, bleich. „NICHTS! Kein Ersatz da! Das Regal ist leer! Was machen wir jetzt?! Was machen wir jetzt?!“

Funny hält sie mit beiden Händen an den Schultern fest. „Lily. Atme. Darin wird improvisieren. Wir leiten den Datenstrom über die kleineren Switche um. Die halten nicht ewig durch, aber lang genug, um die wichtigsten Systeme wieder ans Laufen zu bringen.“
„Ich kann ein Notnetz aufbauen“, schlug Darin vor, während er schon aus einem der unteren Schränke Kabel zieht und sie mit erstaunlicher Eleganz durch die Station schleift.
„Gib mir… fünf Minuten. Lily, hilfst du mir? Ich brauche jemanden, der die neuen Leitungen zieht.“
„Ich? Ich… ja! Ja, ich helfe! Sag mir einfach, was ich tun soll!“
Gemeinsam kriechen sie unter die Pulte. Lily reicht Stecker, löst alte Verbindungen, schließt neue an. Schweißperlen tropfen von ihrer Stirn. Funken sprühen, Magie knistert. Alles vibriert vor Spannung – im doppelten Sinn.
Funny steht derweil in der Mitte der Zentrale und spricht die nötigen Stabilisierungsformeln. Ihre Stimme klingt wie eine Glocke in der Stille.

„Letzte Verbindung!“, ruft Darin. „Zentrale, bereit zum Reboot! Funny, zähl uns rein!“
Funny legt die Hand auf das Hauptpult. „Drei… zwei… eins… jetzt!“
Ein Summen durchzieht den Raum. Dann – langsam – flackern die Kontrollmonitore wieder auf. Erst einer. Dann zwei. Dann alle.
Der zentrale Kontrollschirm erwacht mit einem goldenen Leuchten. Und zeigt: keine Eindringlinge, keine Monster, keine Bedrohung. Alles ist in Ordnung.
Funny atmet tief durch. „Status?“
Darin grinst erschöpft. „Systeme stabil. Umleitungen funktionieren. Die kritischen Schutzzauber laufen wieder bei 91%.“
Lily fällt in ihren Sessel. Ihre Flügel hängen schlaff über der Lehne.
„Ich dachte, ich hab alles ruiniert…“
Funny lächelt müde, aber herzlich.
„Und dann hast du mitgeholfen, alles zu retten.“
Darin streckt sich.
„Wir leben. Feenland lebt. Und ich brauch jetzt dringend eine Gänseblümchenschorle.“
Die Drei sehen sich an… und beginnen zu lachen.
Draußen scheint die Sonne warm auf das Land. Und drinnen in der Zentrale wissen drei Elfen: Sie sind ein echtes Team.

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