Spaß mit japanischen Zeichentrickfilmen

Das Geheimnis der stillen Steine – Teil 1 – Eine Feenland-Story

Die Ruhe vor dem … Stein?

Die Zentrale der Wächter von Feenland war ein Ort konzentrierter Stille. Ein sanftes, magisches Surren lag in der Luft, das harmonische Atmen der von Darin geschaffenen und gepflegten Technik. Darin selbst saß an seiner Konsole und eine gedruckte Zeitung in den Händen – ein Anachronismus, den er genoss. Die letzten Tage, ja sogar Wochen, waren von einer fast schon beunruhigenden Friedlichkeit geprägt. Kein unautorisierter Grenzübergang, kein fehlgeleiteter magischer Sturm, nicht einmal ein technischer Schluckauf in seinem System.

Er faltete die Zeitung, nippte an seinem kalten Tee und ließ seinen Blick über die Monitore schweifen. Alles grün. Dennoch… da war etwas. Sein Blick blieb an einer kleinen, unscheinbaren Anzeige in der Online-Ausgabe der Gilden-Nachrichten hängen, die er auf einem seiner kleineren Bildschirme geöffnet hatte. Es war das siebte Mal in drei Wochen, dass ihm dieser Auftrag auffiel.

Gilden-Auftrag: Untersuchung im südlichen Gebirge.

Zuerst war es eine einfache Mission gewesen, Rang D. Ein paar Goldstücke für jeden, der nachschauen wollte, warum in letzter Zeit vermehrt Felsbrocken in den Wäldern auftauchten, wo keine sein sollten. Doch der Auftrag blieb unerfüllt und wurde Woche für Woche neu ausgeschrieben, die Anforderungen und die Belohnung stiegen dabei stetig an. Von D auf D+, dann C, C+, B, B+… und seit heute Morgen stand dort in leuchtenden Lettern: Rang A. Vermutlich würde er mittlerweile schon bei A+ stehen.

Darin runzelte die Stirn. Spätestens bei A+ oder gar A++ würde es ein Fall für die Wächter, denn solche Missionen betreffen immer die Sicherheit des Landes. Jeder Wächter war mindestens Rang A. Er selbst hatte den S-Rang inne, Lily war mit A+ bewertet.

„Wenn sie nicht so chaotisch wäre und mit Drachen weniger kuscheln und sie stattdessen schneller in die ihnen zugewiesenen Gebiete eskortieren würde, wäre auch sie schon längst im S-Rang“, dachte er mit einem leichten Schmunzeln.

Und Funny? Funny spielte wie immer in einer völlig anderen Liga. Extra für sie hatte man den Rang S++ eingeführt. Ein Anflug von unbändigem Stolz durchfuhr ihn bei dem Gedanken an sie.

Die Auftragsbeschreibung war frustrierend vage. Felsbrocken. Mal größer, mal kleiner. Anwohner, die sich über Einbrüche in Hühnerställen beschwerten. Doch die Spuren, so hieß es, verliefen sich im wahrsten Sinne des Wortes im Sande. Keine Fußabdrücke, keine magischen Signaturen. Nichts.

Genug der Passivität. Mit flinken Fingern tippte er eine kurze Nachricht in sein Kommunikationssystem, adressiert an Funny. Gleichzeitig öffnete er die Überwachungskarte von Feenland und legte mit wenigen gezielten Befehlen einen verstärkten Fokus auf das südliche Gebirge, erhöhte die Sensitivität der magischen Sensoren und aktivierte ein paar passive Suchzauber. Im Logbuch trug er ein: „Erhöhte Aufmerksamkeit auf Sektor Süd-Gebirge aufgrund wiederholt ausgeschriebener und hochgestufter Gilden-Mission. Potenzielle Bedrohung unklar. Beobachtung eingeleitet.“


Währenddessen wirbelte Funny durch den Garten ihres gemeinsamen Hauses und seufzte leise. Lily hatte wieder einmal eine Erweiterung ihres Dornenzaubers ausprobiert. Und wie üblich hatte das Experiment Spuren hinterlassen – in diesem Fall eine dornige Kriechranke, die mit unheimlicher Geschwindigkeit auf ihre preisgekrönten Rosen zusteuerte.

„Oh nein, mein Freundchen“, murmelte Funny höflich, aber bestimmt. „Bis hierhin und nicht weiter.“

Sie hob die Hände und ein sanftes, vielfarbiges Licht begann zwischen ihren Fingern zu pulsieren. Mit einer eleganten Geste lenkte sie die Energie auf die Ranke. Es war ein Energie-Entzugs-Zauber, einer ihrer liebsten für die Gartenarbeit. Er war nicht nur wunderschön anzusehen, wie ein kleiner Regenbogen, der dem Ziel die Lebenskraft entzog, sondern er übertrug die absorbierte Energie auch direkt auf sie. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr sie. Leider war er für einen echten Kampf viel zu langsam. Die meisten ernstzunehmenden Gegner hatten ein so hohes Energieniveau, dass sie stundenlang dastehen und Regenbögen schleudern müsste, um sie zu besiegen. Aber gegen Unkraut? Perfekt.

Nachdem sie die letzte widerspenstige Ranke aufgelöst hatte, die frech versuchte, Darins sorgfältig gepflegte japanische Rosen zu verdrängen, hörte sie ihn: einen melodischen Gong, der aus dem Haus drang. Da sie ihn bis hier ans andere Ende des Gartens hören konnte, musste er schon eine Weile aktiv sein. Darins Nachrichtensystem war so konzipiert, dass der Gong sukzessive lauter wurde, bis man reagierte.

Funny kicherte leise. Jetzt, dachte sie, spätestens jetzt, ist Lily aus dem Bett gefallen.

Und tatsächlich. Im Obergeschoss wurde ein Fenster aufgerissen und ein völlig zerzauster, dunkelroter Haarschopf erschien.

„FUNNY!“, brüllte eine empörte Stimme, die den Gong mühelos übertönte. „DARIN WILL WAS VON DIR! UND NEIN! NICHT DAS!“

Funny schüttelte lächelnd den Kopf. Lily, einfach unverbesserlich. Sie nutzte jede, aber auch wirklich jede Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass kleine Blumenelfen in ihrem Haus eine ganz famose Idee wären. Aber weder Funny noch Darin trauten sich aktuell aus ihrer Deckung. Lily würde hartnäckig bleiben, das wusste Funny. Aber jetzt freute sie sich erst einmal auf die Nachricht. Darins persönliches Hologramm-System war einfach zu goldig. Es bildete den Absender immer als super-deformierte, unheimlich niedliche Chibi-Version ab. Und bei Darin, mit seiner verwuschelten Silbermähne und der runden Brille, war das besonders knuffig. Niemand wusste, dass Funny jede einzelne seiner Nachrichten fein säuberlich archivierte. Der Gedanke, dass Lily oder gar Darin selbst das herausfinden könnten, ließ sie leicht erröten. Zum Glück wusste sie nicht, dass Darin mit ihren Nachrichten genau dasselbe tat …

Sie betrat das Haus, ignorierte eine sehr grummelnde Lily, die in der Küche mit dem Kaffeeautomaten kämpfte, und ging in ihr Arbeitszimmer. Mit einer Geste aktivierte sie den Empfänger. Ein winziger, chibi-hafter Darin mit riesigen Kulleraugen und einem viel zu großen T-Shirt erschien schwebend über dem Tisch.

„Guten Morgen, Funny“, piepste die niedliche Stimme. „Ich hoffe, ich störe nicht. Könntest du bitte einmal bei der Gilde vorbeischauen und die Unterlagen zu einem Auftrag abholen? Nimm Lily mit, sonst kommst du dort erst nach Stunden wieder heraus. Und nimm den Auftrag ruhig an. Ich erkläre dir später alles. Danke.“

Das Hologramm verpuffte. Ein Abstecher zur Gilde also. Sie ging zurück in die Küche, wo Lily mittlerweile einen Becher Kaffee umklammerte, als wäre es ein Rettungsanker.

„Möchtest du zur Gilde mitkommen?“, fragte Funny sanft und mit Hoffnung in den Augen. „Wir könnten unterwegs Mittagessen.“

„Frühstücken“, knurrte Lily, ohne aufzusehen.

Funny lächelte.

„Einigen wir uns auf Brunch.“


Vor dem imposanten, doppelflügeligen Eichentor des Gildehauses zögerte Funny einen Moment und schloss die Augen. Sie wusste genau, was gleich passieren würde. Eine mentale Checkliste ging ihr durch den Kopf:

  1. Tuscheln.
  2. Klatschen.
  3. Autogrammwünsche.

Lily, die neben ihr stand und ihre Anspannung spürte, grinste breit.

„Augen zu und durch, Fun-chan!“

Mit diesen Worten stieß sie mit einer solchen Wucht gegen die Tür, dass diese mit einem lauten Krachen aufschwang und beinahe aus den Angeln geflogen wäre. In der großen Halle verstummten augenblicklich alle Gespräche. Hunderte Augenpaare richteten sich auf den Eingang.

Funny schüttelte kaum merklich den Kopf. Danke, Lily. Subtiler ging es wohl nicht.

Lily kicherte nur und es kam, wie es kommen musste:

  1. Das Tuscheln setzte ein, lauter als üblich.
  2. Es wurde NICHT nur geklatscht. Ein frenetischer Jubel brach aus. „Funny! Das ist Funny! Unsere S++-Wächterin!“
  3. Und eine Welle von Abenteurern, Handwerkern und Gilden-Angestellten schwappte auf sie zu, jeder mit einem Stift und einem Stück Pergament in der Hand.

In Feenland galt das inoffizielle Gesetz, bekannte Persönlichkeiten auf der Straße in Ruhe zu lassen und ihre Privatsphäre zu respektieren (und mit Funny wollte es sich eh niemand verscherzen!). Aber in öffentlichen Gebäuden wie der Gildenhalle? Da war Schluss mit Zurückhaltung!

Funny setzte ihr höflichstes und freundlichstes Lächeln auf, während sie innerlich seufzte. Doch Lily war schon in ihrem Element.

„Hey, Leute, ganz ruhig!“, rief sie mit ihrer direkten, lauten Art. „Die Dame braucht Luft zum Atmen! Wer zuerst ein Autogramm von ihr will, stellt sich hier an!“

So zog sie gekonnt die Aufmerksamkeit von Funny weg und auf sich, strahlte, verteilte kesse Sprüche und gab ihrer Freundin die entscheidenden Minuten, um sich durch die Menge zu einer der Rezeptionistinnen durchzukämpfen. An einem der Schalter winkte ein hübsches Katzenmädchen ihr aufgeregt zu und deutete auf eine Tür hinter sich. Funny verstand und huschte hindurch, direkt ins Büro der Gildemeisterin.

Fennja, eine hochgewachsene, muskulöse Waffenelfe mit scharfen Zügen und dem S-Rang eines Nahkampf-Meisters, kam Funny bereits entgegen und grinste.

„Na, hält Lily dir wieder den Pöbel vom Hals?“

Funny atmete erleichtert durch.

„Ein Glück. Es hätte sonst Stunden gedauert, bis zu dir durchzukommen.“

„Setz dich“, sagte Fennja und deutete auf einen Stuhl. „Denn ich nehme an, du bist nicht zum Plaudern hier, sondern wegen der ausgeschriebenen A-Rang-Mission.“

Funny blinzelte überrascht.

„Woher weißt du das?“

Fennja lachte ein tiefes, kehliges Lachen.

„Schnuckelchen“, sagte sie und Funny zuckte bei dem Kosenamen unwillkürlich zusammen, aber genau wie Lily hatte auch Fennja, schon wegen des Altersunterschiedes von einigen hundert Jahren, bei ihr einen Freibrief. „Wir haben nur selten A-Aufträge bzw. seit eben sogar A+. Und ich wette, Darin-chan…“, sie zwinkerte verschwörerisch und ein leichter Schatten huschte über Funnys Gesicht.

„Ach, Funny, entspann dich. Ich nehm dir deinen Lover schon nicht weg.“

„Er ist nicht mein Lover!“, schoss es sofort aus Funny heraus, schneller und lauter als beabsichtigt.

NEIN! NATÜRLICH NICHT!“, kicherte Fennja belustigt, räusperte sich dann aber und ihr Gesichtsausdruck wurde ernst.

„Darin hat den Fall definitiv schon seit Wochen auf dem Schirm. Und wenn ich ihn richtig einschätze, hat er die Kontrollen und Überwachungszauber über dem südlichen Gebirge bereits massiv verstärkt.“

„Südliches Gebirge? Zauber verstärkt? Worum geht es denn genau?“, fragte Funny verwirrt. Darins Nachricht war so kurz gewesen.

Fennja schob ihr eine dicke Akte über den Tisch.

„Hier, nimm die Unterlagen. Ich kenne euch gut genug und ich kenne eure Missionen gut genug, um zu wissen, wann ihr euch für etwas interessiert. Soll ich euch den Auftrag gleich offiziell übergeben?“

Funny nahm die Mappe. Das Deckblatt sprang ihr ins Auge. „10.000 Goldstücke? Nur fürs Ermitteln?“

„Lies weiter“, sagte Fennja mit einem sardonischen Lächeln.

Funny blätterte um.

„Optional: +100.000 Goldstücke plus Spesen in gleicher Höhe, wenn die Ursache auch final beseitigt wird.“

Ihre Augen weiteten sich. 1 Goldstück war in der Menschenwelt ungefähr zweitausend Dollar, Euro oder Franken wert.

„Erst war es nur ein kleiner Erkundungsauftrag, Rang D, für 10 Goldstücke. Was an sich schon viel ist, aber der Palast lässt sich nicht lumpen, wenn es um kuriose Dinge im Lande geht.“

„Oh“, sagte Funny leise. „Ein Staatsauftrag.“

„Ja“, bestätigte Fennja und ihre Stimme wurde düster. „Und offensichtlich ein gefährlicher. Das letzte Team, das den Auftrag angenommen hatte, als er schon auf Stufe B lag, ist nicht zurückgekehrt.“

Funny zuckte zusammen.

„Tot?“

„Nein. Vermisst“, korrigierte Fennja. „Es gibt keine Leichen, keine Spuren eines Kampfes. Sie sind einfach weg, wenn ich bösartig wäre, würde ich sagen: abgehauen. Aber das glaube ich nicht. Unsere Rezeptionistinnen prüfen bei diesem Auftrag sehr genau wer ihn haben will. Es waren also gute Leute und ein gutes Team. Deshalb liegt der Auftrag heute bei A+. Damit ist er offiziell eine Angelegenheit der Landessicherheit und ihr dürft ihn übernehmen.“

Ohne zu zögern, nahm Funny den Stift, den Fennja ihr hinhielt, und setzte ihre Unterschrift auf den Vertrag. Gemeinsam mit Darin und Lily würden sie das Rätsel lösen.

„Braucht ihr besondere Ausrüstung, kommt vorbei! Ich habe explizite Order vom Palast, euch alles zur Verfügung zu stellen, was ihr braucht oder brauchen könntet“, sagte Fennja. „Ich lasse dich hinten raus und gebe Lily Bescheid, sie stößt dann draußen zu dir. Und Funny … passt auf euch auf. Ich habe bei dem Auftrag ein ganz, ganz mieses Gefühl.“

Funny nickte, ließ die dicke Akte in ihrer Item-Box verschwinden – ein unschätzbar wertvolles Geschenk von Darin nach ihrem letzten Abenteuer in Tokyo – und folgte Fennja zu einem der vielen unauffälligen Hinterausgänge der Gilde.


Kaum war sie wieder auf der Hauptstraße, sah sie Lily in einem der urigen kleinen Straßencafés sitzen und heftig winken. Der Tisch vor ihr war bereits mit einer guten Auswahl von Süßspeisen eingedeckt. Funny lächelte. So wie sie ihre Freundin kannte, hatte sie bereits die halbe Speisekarte rauf und runter bestellt.

Sie setzte sich an Lilys Tisch, die ihr sofort einen Teller mit einem duftenden Karamellkuchen zuschob. Funny wiederum schob ihrer Freundin die Unterlagen hin. Lily vertiefte sich auch gleich darin, was Funny die willkommene Gelegenheit für ein ausgiebiges Mittagessen gab und die Chance, Lily zu beobachten. Es war faszinierend. Dieses Energiebündel, diese Meisterin des Chaos, konnte, wenn es darauf ankam, mit einer Konzentration lesen, die ihresgleichen suchte. Aber Funny wusste es schon immer: Auf Lily war im Zweifelsfall absolut Verlass.

Lily las. Und aß. Und las weiter. Und schob sich Portion um Portion in den Mund, dass die Bedienung, eine hübsche Katzenmaid, kaum hinterher kam. Funny staunte jedes Mal aufs Neue, welche Mengen Lily verdrücken konnte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen.

Plötzlich klappte Lily die Akte mit einem Ruck zu.

„So, Fun-chan“, sagte sie und stand auf, ihre Miene war ernst. „Lass uns zu Darin gehen und alles vorbereiten. Das hier liest sich absolut nicht nach einem 08/15-Auftrag.“

Funny nickte.

„Ich denke, Darin ist schon auf dem Heimweg.“

Sie lächelte sanft.

„Irgendwie hat er die ganze Entwicklung kommen sehen. Und auch Fennja wusste genau, dass wir auftauchen, dass du mir den Rücken freihältst und alles.“

Sie hielt einen Moment inne und sah ihre Freundin an.

„Danke“, sagte sie leise, „dass du so eine tolle Freundin bist.“

Lily, für einen Moment aus ihrem üblichen Trubel gerissen, lächelte gerührt.

„Immer, Fun-chan. Immer.“

Fortsetzung „Das Geheimnis der stillen Steine – Teil 2

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Kommentare

Eine Antwort zu „Das Geheimnis der stillen Steine – Teil 1 – Eine Feenland-Story“

  1. Avatar von Ursula Brehm
    Ursula Brehm

    Freue mich schon auf den nächsten Teil

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