In der schier endlosen Flut an Isekai-Anime, die jede Saison aufs Neue die Bildschirme erobert, wird es zunehmend schwieriger, Werke zu finden, die aus der Masse herausstechen. Zu oft bedienen sich die Geschichten aus einem Baukasten altbekannter Tropen: ein übermächtiger Protagonist, ein Harem aus stereotypen Charakteren und eine Fantasy-Welt, die kaum mehr als eine Kulisse für eine vorhersehbare Machtfantasie ist. Vor diesem Hintergrund betritt The Wrong Way to Use Healing Magic die Bühne und stellt auf den ersten Blick eine weitere Variation des bekannten Themas dar. Ein gewöhnlicher Oberschüler, Ken Usato, wird in eine fremde Welt transportiert. Doch schon in den ersten Momenten weicht die Serie entscheidend vom gewohnten Pfad ab. Usato ist kein auserwählter Held, sondern lediglich ein Kollateralschaden – ein unglücklicher Mitläufer, der zur falschen Zeit am falschen Ort war. Seine einzige besondere Fähigkeit, die seltene Heilmagie, ist in dieser Welt als nutzlos verschrien und wird zum Auslöser für eine Reise, die ihn nicht auf den Thron, sondern direkt in die Hölle eines brutalen Trainingslagers unter der Fuchtel der furchteinflößenden Kommandantin Rose führt. Die Serie stellt damit eine zentrale Frage: Kann die clevere Subversion eines fundamentalen Genre-Archetyps – des Heilers – ausreichen, um eine Geschichte zu erzählen, die frisch, fesselnd und emotional resonant ist?
Übersicht
- Handlung: Ein unbeabsichtigter Held und sein unorthodoxer Weg
- Genre-Einordnung
- Setting und Umfeld
- Charakterbeschreibungen
- Zeichnungen: Qualität und Stil
- Animation: Qualität und Umsetzung
- Soundtrack: Qualität und Wirkung
- Stärken der Serie
- Schwächen der Serie
- Fazit
Handlung: Ein unbeabsichtigter Held und sein unorthodoxer Weg
Die Geschichte von The Wrong Way to Use Healing Magic beginnt mit einer alltäglichen Szene, die sich als schicksalhaft erweist. Der unscheinbare Oberschüler Ken Usato trifft an einem regnerischen Tag auf die beiden beliebtesten Schüler seiner Schule: die Schülerratspräsidentin Suzune Inukami und ihren Vize-Präsidenten Kazuki Ryusen. Ein magischer Kreis erscheint unter ihnen und transportiert das Trio ohne Vorwarnung in eine andere Welt – in den Thronsaal des Königreichs Llinger, das sich auf einen Krieg gegen die Armee eines Dämonenfürsten vorbereitet.
Schnell stellt sich der erste große Wendepunkt der Erzählung heraus: Nur Suzune und Kazuki waren die eigentlichen Ziele der Heldenbeschwörung. Usato wurde lediglich mitgerissen, ein Versehen des Schicksals. Während ein magischer Eignungstest bei Suzune und Kazuki mächtige Affinitäten für Blitz- bzw. Lichtmagie offenbart, zeigt Usatos Test eine seltene, aber im Kampf als nahezu nutzlos geltende Fähigkeit: Heilmagie. Dieser Umstand erregt die Aufmerksamkeit von Rose, der gefürchteten Kommandantin des Rettungstrupps des Königreichs. Ohne Umschweife und gegen den Willen des Königs rekrutiert sie Usato für ihre Einheit.
Von diesem Punkt an konzentriert sich die Handlung auf Usatos „Höllentraining“. Unter Roses unerbittlicher Aufsicht wird er einem brutalen Regime ausgesetzt, das darauf abzielt, ihn zu einem Frontsanitäter zu formen, der auf dem Schlachtfeld überleben kann. Die Methode ist ebenso einfach wie genial: Usato wird gezwungen, seinen Körper bis an die absoluten Grenzen der Belastbarkeit zu treiben, nur um die entstandenen Muskelschäden und die Erschöpfung mit seiner eigenen Heilmagie zu kurieren. Dieser unaufhörliche Zyklus aus Zerstörung und Regeneration verleiht ihm in kürzester Zeit übermenschliche körperliche Kraft, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit. Parallel dazu verfolgt die Serie die Entwicklung von Suzune und Kazuki, die als die offiziellen Helden mit dem Druck und der Angst ihrer neuen, lebensgefährlichen Rolle zu kämpfen haben. Die erste Staffel gipfelt in der ersten großen Konfrontation mit der Dämonenarmee, in der Usatos unorthodoxe Fähigkeiten und seine neu gewonnene mentale Stärke auf die ultimative Probe gestellt werden.
Genre-Einordnung
The Wrong Way to Use Healing Magic lässt sich eindeutig dem Fantasy-Isekai-Genre zuordnen. Alle grundlegenden Elemente sind vorhanden: die unfreiwillige Reise in eine andere Welt, ein etabliertes Magiesystem, ein mittelalterlich anmutendes Setting und die Bedrohung durch einen Dämonenfürsten. Die wahre Stärke der Serie liegt jedoch in der meisterhaften Vermischung von Subgenres. Sie ist eine ausgewogene Kombination aus Action, Komödie und Drama.
Die Action manifestiert sich in den intensiven Trainingssequenzen und den späteren Kampfhandlungen, die sowohl physische als auch magische Auseinandersetzungen umfassen. Die Komödie ist stark charaktergetrieben und entsteht organisch aus den Situationen: Suzunes überschwängliche Begeisterung für die Isekai-Tropen, in denen sie sich nun befindet, und die absurde Härte von Roses Trainingsmethoden sorgen für beständige humorvolle Momente. Das Drama wiederum wurzelt in den ernsten, lebensbedrohlichen Einsätzen und findet seinen emotionalen Höhepunkt in der tragischen Vergangenheit von Kommandantin Rose, die der gesamten Erzählung eine unerwartete Tiefe verleiht.
Das Kernstück der Genre-Einordnung ist jedoch die Art und Weise, wie die Serie einen fundamentalen Archetyp dekonstruiert und neu zusammensetzt. In den meisten Rollenspielen und abgeleiteten Isekai-Geschichten sind Heiler passive, physisch schwache Unterstützer, die sich im Hintergrund halten. Die Serie stellt diese Konvention durch eine einfache, aber bestechend logische Frage infrage: Was nützt ein Sanitäter, der den Weg zum Verwundeten auf dem Schlachtfeld nicht überlebt? Diese Prämisse bildet das Fundament für den einzigartigen Ansatz der Serie. Roses Trainingsphilosophie – die Nutzung von Heilmagie zur Ermöglichung eines endlosen Zyklus aus Muskelbelastung und -regeneration – liefert eine clevere, fast schon pseudowissenschaftliche Erklärung für Usatos Entwicklung zu einer physischen Naturgewalt. Heilung dient hier nicht nur der Wiederherstellung, sondern der Selbstoptimierung bis ins Extreme. Diese Neudefinition der Heiler-Rolle ist der zentrale Aufhänger und die größte Stärke der Serie. Sie hebt eine traditionelle Nebenrolle in den Status des Protagonisten und bietet eine frische Perspektive in einem von Formeln geprägten Genre. Damit etabliert sich die Serie als eine „Slapstick-Isekai-Fantasie mit Gags und Kämpfen“ , die sich durch ihre innovative Idee eine eigene Identität im überfüllten Markt schafft.
Setting und Umfeld
Die Handlung spielt vornehmlich im Königreich Llinger, einer klassischen Fantasy-Monarchie mit mittelalterlicher Architektur und Gesellschaftsstruktur. An der Spitze steht König Lloyd, der eine bemerkenswerte Ausnahmeerscheinung im Genre darstellt. Anstatt die beschworenen Teenager als bloße Werkzeuge zu betrachten, zeigt er aufrichtiges Mitgefühl und Sorge, insbesondere für den versehentlich mitgerissenen Usato. Diese wohlwollende Haltung des Herrschers etabliert von Anfang an eine positive Grundstimmung und grenzt die Serie von düstereren Isekai-Erzählungen ab, in denen die Helden oft ausgebeutet werden.
Die soziopolitische Lage des Königreichs ist angespannt. Eine existenzielle Bedrohung durch die Armee eines Dämonenfürsten, die vor zwei Jahren bereits einen Angriff startete und nun für eine erneute Invasion rüstet, verleiht der Geschichte eine ständige Dringlichkeit. Das Militär und die magischen Fähigkeiten seiner Mitglieder sind daher von entscheidender Bedeutung für das Überleben des Reiches.
Innerhalb dieser militärischen Struktur existiert eine einzigartige und gefürchtete Einheit: der Rettungstrupp. Angeführt von Kommandantin Rose, handelt es sich hierbei nicht um eine elitäre Rittergarde, sondern um ein hochspezialisiertes Korps von Frontsanitätern. Der schlechte Ruf des Trupps rührt nicht von Bösartigkeit her, sondern von der extremen Härte des Trainingsprogramms. Dieses ist darauf ausgelegt, Individuen hervorzubringen, die selbst in den gefährlichsten Zonen eines Schlachtfelds überleben können, um Verwundete zu bergen und zu heilen. Die kollektive Furcht im Königreich, als Rose Usato für ihre Einheit beansprucht, ist somit vollkommen nachvollziehbar.
Das Magiesystem der Welt basiert auf angeborenen Affinitäten, die bei einem Ritual festgestellt werden. Hier offenbart sich eine zentrale Ironie der Welt: Heilmagie ist extrem selten, wird aber von der Allgemeinheit als „schwach und im Kampf fast nutzlos“ abgetan. Diese gesellschaftliche Fehleinschätzung ist der Nährboden für Roses revolutionären Ansatz, der die „falsche“ Anwendung dieser verkannten Magie zur Grundlage ihres Erfolgs macht. Über die Grenzen von Llinger hinaus deutet die Erzählung eine größere, vielfältigere Welt an, etwa durch die Erwähnung der Heimat der Tiermenschen, aus der die junge Seherin Amako stammt. Dies legt ein Fundament für ein reichhaltiges World-Building, das in der ersten Staffel jedoch nur angerissen wird.
Charakterbeschreibungen
Ken Usato
Ken Usato beginnt seine Reise als Inbegriff des durchschnittlichen Oberschülers: unauffällig, schüchtern und ohne besondere Eigenschaften. Seine Entwicklung ist die zentrale Achse der Handlung. Durch Roses unbarmherziges Training durchläuft er eine radikale Metamorphose. Aus dem ängstlichen Jungen wird ein physisch und mental gestählter junger Mann, dessen Antrieb nicht mehr die eigene Unsicherheit, sondern der unbedingte Wille ist, seine Freunde und Verbündeten zu beschützen. Seine anfängliche, panische Angst vor Rose wandelt sich in tiefen Respekt und Bewunderung. Usato fungiert als perfekter Einstiegspunkt für das Publikum, doch sein Charakter ist nicht ohne Schwächen in der Darstellung. Seine inneren Konflikte, wie die Angst vor dem Kampf oder die anfängliche Nervosität bei der Behandlung schwerer Wunden, werden zwar thematisiert, aber oft so schnell gelöst, dass sie oberflächlich wirken und ihnen die dramatische Tiefe fehlt. Seine Charakterisierung wird von einigen als „blass“ oder „schmerzhaft durchschnittlich“ kritisiert, insbesondere im Kontrast zu den nuancierteren Nebenfiguren. Usatos wahre Stärke liegt letztlich weniger in seiner eigenen komplexen Psyche als vielmehr in seinem unerschütterlichen Charme und seiner Funktion als stabilisierender, unterstützender Anker für seine Freunde. Er ist die Linse, durch die eine faszinierendere Geschichte – die von Rose und der Welt um ihn herum – betrachtet wird.
Suzune Inukami
Suzune Inukami wird zunächst als die makellose und etwas unnahbare Schülerratspräsidentin eingeführt. Diese Fassade zerbricht jedoch in der neuen Welt und enthüllt ihre wahre Persönlichkeit: eine leidenschaftliche Isekai-Enthusiastin, die von dem Abenteuer absolut begeistert ist. Ihre Entwicklung ist die eines Reifeprozesses. Ihr anfänglicher, fast naiver Enthusiasmus, der für viel Komik sorgt , wird durch die brutale Realität des Krieges und die allgegenwärtige Todesgefahr gedämpft. Sie muss ihre idealisierten Fantasien mit der harten Wirklichkeit in Einklang bringen und wächst daran. Im Laufe der Staffel entwickelt sie eine tiefe, unterstützende Beziehung zu Usato, die von deutlichen romantischen Untertönen geprägt ist.
Kazuki Ryusen
Kazuki Ryusen ist der freundliche, loyale und aufrichtige Vizepräsident des Schülerrats. Er ist der moralische Kompass des Trios und der erste, der ethische Bedenken gegen die Zwangsbeschwörung äußert. Sein Charakterbogen dreht sich um die Bewältigung seiner eigenen Ängste und des enormen Drucks, der mit dem Titel „Held“ einhergeht. Obwohl er als der besonnenste der Gruppe gilt, wird er im Vergleich zu Usato und Suzune oft als etwas „eindimensional“ oder weniger fesselnd beschrieben. Er bleibt jedoch eine wichtige und sympathische Figur, die für die moralische Integrität der Gruppe steht.
Rose
Rose ist zweifellos die herausragendste und am besten geschriebene Figur der Serie. Ihr erster Auftritt ist der einer furchterregenden, fast dämonischen Gestalt. Als Kommandantin des Rettungstrupps eilt ihr der Ruf voraus, ihre Rekruten durch die Hölle zu jagen, was selbst den König erzittern lässt. Doch die Serie enthüllt meisterhaft die Schichten hinter dieser eisernen Fassade. Ihre Härte ist kein Sadismus, sondern ein Schutzmechanismus, der aus einem tiefen Trauma geboren wurde: Sie gibt sich und ihrem früheren Hochmut die Schuld am Tod ihrer gesamten ehemaligen Einheit in einem Kampf gegen Dämonen. Diese tragische Vergangenheit erklärt auf perfekte Weise ihren fast schon besessenen Antrieb, einen Untergebenen zu formen, „der niemals sterben wird“. Sie ist unnachgiebig und fordernd, aber gleichzeitig zutiefst fürsorglich und beschützend. In Usato sieht sie das Potenzial für den „idealen Heiler“ und ihren perfekten Stellvertreter. Rose ist eine brillante Interpretation des „strengen Mentors mit einem Herz aus Gold“ und verleiht der Geschichte ihren stärksten emotionalen Anker.
Amako
Eine junge Fuchsmenschen-Bestie mit der Fähigkeit der Präkognition. Ihre Vision einer katastrophalen Zukunft für die Helden dient als wichtiger Handlungsimpuls in der zweiten Hälfte der Staffel. Sie führt das Element des Schicksals ein und erweitert die Welt um andere Völker und Länder.
Blurin
Ein Blauer Grizzly-Bär, den Usato als Jungtier adoptiert. Er fungiert als treuer und überraschend starker tierischer Begleiter, der der Geschichte Charme verleiht und Usatos mitfühlende Seite unterstreicht.
Die Schwarze Ritterin
Die Hauptantagonistin des finalen Handlungsbogens der Staffel. Ihre einzigartige Fähigkeit, erlittenen Schaden auf den Angreifer zurückzuwerfen, macht sie zu einer scheinbar unbesiegbaren Gegnerin. Ihre schließliche Niederlage und die Enthüllung ihrer wahren Identität verleihen der Dämonenfraktion eine unerwartete Komplexität und deuten an, dass sie mehr als nur monolithische Bösewichte sind.
Zeichnungen: Qualität und Stil
Die Charakterdesigns von Kenji Tanabe sind modern, klar und ansprechend. Das Heldentrio ist visuell gut voneinander zu unterscheiden, und besonders Roses kraftvolles Design unterstreicht effektiv ihren Charakter. Die Hintergründe und die Welt sind zweckmäßig und im typischen Stil von Fantasy-Anime gehalten.
Ein besonderes Merkmal, das in der visuellen Gestaltung hervorsticht, ist die detaillierte Darstellung der Augen der Charaktere. Diese werden durchweg mit tiefen, lebendigen Farben und einem hohen Detailgrad gezeichnet, eine klare künstlerische Entscheidung, um die emotionale Ausdruckskraft zu maximieren. Diese Fokussierung erzeugt jedoch eine visuelle Diskrepanz zu anderen Elementen. So wird beispielsweise die Rüstung von Suzune oder anderen Rittern gelegentlich als „flach“ oder weniger detailreich wahrgenommen. Auch in den ersten Episoden finden sich Szenen, die stärker auf statische Bilder setzen. Diese visuelle Hierarchie deutet auf eine bewusste und intelligente Verteilung der Produktionsressourcen durch die Studios Studio Add und Shin-Ei Animation hin. Anstatt ein gleichmäßig hohes Niveau über alle Aspekte zu halten, wurde gezielt in den emotionalen Kern der Serie – die Ausdruckskraft der Charaktere – investiert, während bei weniger zentralen Elementen ökonomischer vorgegangen wurde. Diese Strategie spielt den narrativen Stärken der Serie direkt in die Hände.
Animation: Qualität und Umsetzung
Die Animation der Serie ist durchweg kompetent und dient der Geschichte effektiv. Sie fängt das breite tonale Spektrum der Serie, von Slapstick-Komödie bis hin zu ernsten Actionszenen, erfolgreich ein. Die Animation in den Kampfszenen ist ansprechend, aber sie ist nicht der primäre Anziehungspunkt der Serie. Die Choreografie legt mehr Wert auf die Darstellung von Charakterentwicklung und strategischem Denken innerhalb eines Kampfes als auf reines, effektreiches Spektakel. Dies zeigt sich besonders im finalen Kampf, bei dem die Lösung weniger auf roher Gewalt als auf der cleveren Anwendung von Usatos Fähigkeiten beruht.
Besonders gelungen ist die Umsetzung des komödiantischen Timings. Visuelle Gags, der Einsatz von Super-Deformed-Artworks (Chibi) zur Betonung von Emotionen und die manische Energie der Mitglieder des Rettungstrupps werden flüssig und wirkungsvoll animiert und tragen maßgeblich zum leichtherzigen Charme der Serie bei.
Soundtrack: Qualität und Wirkung
Die musikalische Untermalung stammt von der erfahrenen Komponistengruppe Elements Garden, namentlich Hitoshi Fujima und Seima Kondo. Der Score ist thematisch passend für ein Fantasy-Abenteuer, wird aber generell als unaufdringlich und funktional beschrieben. Er unterstützt die Emotionen und die Action auf dem Bildschirm adäquat, ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen oder besonders einprägsam zu sein.
Die wahre musikalische Identität der Serie liegt im Kontrast zwischen ihrem Opening- und Ending-Theme. Das Opening, „Cure“ von der Post-Hardcore-Band waterweed, ist ein aggressiver, rauer und emotional aufgeladener Song. Im krassen Gegensatz dazu steht das Ending, „Green jade“ von der J-Pop-Künstlerin ChouCho, ein sanftes, melodisches und beruhigendes Stück. Diese scheinbare Dissonanz ist eine bewusste künstlerische Entscheidung. Die harsche Energie des Openings spiegelt die brutale Realität von Roses „Höllentraining“, die Gefahren der neuen Welt und den physischen Schmerz von Usatos Reise wider. Der sanfte Ton des Endings hingegen repräsentiert die Momente der Kameradschaft, des persönlichen Wachstums und die zugrundeliegende Wärme der zwischenmenschlichen Beziehungen. Opening und Ending arbeiten somit Hand in Hand, um die duale Identität der Serie zu verkörpern: eine Geschichte über einen brutalen Überlebenskampf auf der einen und eine herzerwärmende Erzählung über Freundschaft und Selbstfindung auf der anderen Seite.
Stärken der Serie
Innovative Prämisse: Die größte und am häufigsten gelobte Stärke der Serie ist die Neuausrichtung des Heiler-Archetyps. Die logische und kreative Umdeutung einer passiven Unterstützerrolle in die eines physisch dominanten Frontsanitäters verleiht dem oft stagnierenden Isekai-Genre einen frischen und fesselnden Impuls.
Fesselnde Charaktere: Das Herzstück der Serie sind die Charaktere und ihre Beziehungen. Insbesondere die Mentor-Schüler-Dynamik zwischen der komplexen, tragischen Rose und dem sich entwickelnden Usato ist herausragend geschrieben. Rose gilt weithin als eine der besten und vielschichtigsten Figuren der letzten Jahre und trägt die emotionale Last der gesamten Erzählung.
Gelungener Humor: Die Komödie der Serie ist authentisch und effektiv. Sie entsteht organisch aus den Charakterinteraktionen und der Situationskomik, anstatt auf überstrapazierte oder laute Gags zu setzen, was sie für ein breites Publikum zugänglich und unterhaltsam macht.
Emotionaler Kern: Trotz der Härte ihrer Prämisse ist die Serie von einer tiefen Herzlichkeit und viel Charme durchdrungen. Die Charaktere sind sympathisch, und ihre Freundschaften und Bindungen fühlen sich echt und verdient an, was eine starke emotionale Verbindung zum Publikum herstellt.
Schwächen der Serie
Inkonsistentes Pacing: Ein wiederkehrender Kritikpunkt ist das unausgewogene Erzähltempo. Die ausgedehnten Trainingsphasen können für manche Zuschauer als langatmig empfunden werden, während andere Handlungsstränge im Vergleich dazu überhastet wirken. Roses zweiepisodige Rückblende, obwohl entscheidend für ihre Charakterisierung, wird als Beispiel dafür angeführt, wie der Hauptplot für längere Zeit zum Stillstand kommt.
Unterentwickelter Protagonist: Eine signifikante Schwäche liegt in der Charakterisierung von Usato selbst. Er wird oft als relativ flacher oder eindimensionaler Protagonist wahrgenommen, dessen innere Konflikte zu schnell und bequem gelöst werden. Dies führt dazu, dass er im Vergleich zur Tiefe der Nebencharaktere, insbesondere Rose, weniger fesselnd wirkt.
Plot-Konstruktionen: Die Erzählung greift gelegentlich auf bequeme Plot-Konstruktionen zurück. Dies wird besonders im Finale deutlich, wo die Hauptantagonistin durch eine Technik besiegt wird, die Usato abseits des Bildschirms gelernt hat, und deren Fähigkeiten zufällig eine perfekte Schwachstelle für seine spezifischen Kräfte aufweisen. Solche Zufälle können das Gefühl eines hart erkämpften Sieges schmälern.
Irreführender Titel: Der Titel verspricht eine „falsche“ Anwendung von Heilmagie, was im Kern zwar durch die Trainingsphilosophie eingelöst wird, aber in der direkten Anwendung unterrepräsentiert bleibt. Die offensivste Nutzung, ein Heilmagie-Schlag, kommt nur ein einziges Mal im Höhepunkt der Staffel zum Einsatz, was bei einigen das Gefühl hinterlässt, das zentrale Gimmick sei nicht voll ausgeschöpft worden.
Fazit
The Wrong Way to Use Healing Magic ist eine erfrischend intelligente und herzliche Isekai-Serie, die es erfolgreich schafft, sich eine eigene, unverwechselbare Identität zu schaffen. Ihre größten Errungenschaften sind die brillante Neuerfindung des Heiler-Archetyps und die Schaffung einer unvergesslichen Mentorin in Gestalt von Kommandantin Rose. Diese beiden Elemente allein heben die Serie bereits deutlich über den Durchschnitt des Genres hinaus.
Diese Stärken werden jedoch durch spürbare Schwächen getrübt, allen voran das bisweilen schleppende Pacing und ein Protagonist, der oft von den Charakteren in den Schatten gestellt wird, die er eigentlich unterstützen sollte. Dennoch überwiegen die positiven Aspekte bei Weitem. Die Serie bietet eine durchdachte und fesselnde Erfahrung, die Charaktertiefe und logisches World-Building über simple Machtfantasien stellt.
Am Ende ist The Wrong Way to Use Healing Magic trotz seiner Mängel ein voller Erfolg. Es ist eine klare Empfehlung für alle Zuschauer, die nach einem Isekai mit mehr Substanz, Charme und einer Prise Originalität suchen. Die bereits bestätigte zweite Staffel bietet die spannende Aussicht, auf diesem starken Fundament aufzubauen und die Welt sowie ihre liebenswerten Charaktere noch weiter zu vertiefen.

Titel in Deutschland: The Wrong Way to Use Healing Magic
Titel in Japan: Chiyu Mahō no Machigatta Tsukai-kata
Erscheinungsjahr: 2024
FSK-Freigabe: FSK 12 Produktionsstudio: Studio Add, Shin-Ei Animation
Genre: Isekai, Fantasy, Action, Komödie
Episodenanzahl: 13
Laufzeit pro Episode: ca. 23 Minuten


















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Persönliche Meinung

Endlich! Endlich mal wieder ein Isekai, gibt ja davon viel zu wenig. So mein überspitzter Gedanke. Aber The Wrong Way to Use Healing Magic macht einiges anders. Zum einen ist der von außerhalb Beschworene nur Beifang. Und da der „Beifang“ keine Kampffähigkeiten besitzt, ist er auch schnell uninteressant. Wenn da nicht Rose wäre, die die seltene Fähigkeit „Heilung“ bei unserem „Beifang“ sieht.
Lange Rede, kurzer Sinn: Tolle Serie mit einigen kleinen Makeln. Der „Beifang“ bleibt als Protagonist irgendwie flach , Rose ist die eigentliche Heldin der Geschichte. Und der Titel ist irgendwie irreführend, da die „falsche“ Anwendung der Heilmagie seltener zum Tragen kommt als erhofft.
Aber das ist alles nicht wirklich der Rede wert. Es bleibt bei 3 von 3 Sternen für eine interessante und durchaus spannende Serie.
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