Spaß mit japanischen Zeichentrickfilmen

Der Vorfall mit dem Stuhl

Es war ein friedlicher Nachmittag im kleinen Häuschen der ungewöhnlichen Elfen-WG. Funny, die Blumenelfe mit den dunkelblauen, kurzen Haaren, saß konzentriert an ihrem Schreibtisch in ihrem Büro, das sie sich liebevoll eingerichtet hatte. Sonnenstrahlen tanzten durch das Fenster und ließen die Rosen auf ihrer Fensterbank besonders lieblich duften. Sie war gerade dabei, eine komplexe Analyse für die Funime über die narrative Konsistenz einer neuen Anime-Serie zu verfassen, wobei sie wie immer höchsten Wert auf eine nachvollziehbare Begründung ihres 3-Sterne-Systems legte.

„So, und dieser Logikbruch in Episode sieben,“ murmelte sie vor sich hin, während ihre Finger flink über die Tastatur tanzten, „führt unweigerlich zu einem Abzug von einem halben Stern in der Kategorie ‚Storytelling‘. Es ist bedauerlich, aber Konsequenz muss sein.“

Sie lehnte sich zufrieden zurück, um ihr bisheriges Werk zu begutachten, und in diesem Moment geschah es. Mit einem leisen, aber unheilvollen Zischen, das Funny mittlerweile nur zu gut kannte, gab ihr teurer Razer Gamingstuhl unter ihr nach. Langsam, aber unaufhaltsam sank die Sitzfläche ab.

„Nicht schon wieder!“, entfuhr es ihr, lauter als beabsichtigt. Ihre himmelblauen Augen verengten sich. „Bei allen Blüten des Feenlandes, dieses vermaledeite Sitzmöbel treibt mich noch in den Wahnsinn!“

Sie stand ruckartig auf, der Stuhl seufzte noch einmal leise, als wäre er erleichtert, ihre Last los zu sein. Funnys Geduld, sonst von strategischer Natur und auf Harmonie bedacht, war nach wochenlangem Ärgernis mit diesem Stuhl merklich dünner geworden. Sie versuchte es mit einem ihrer Tricks: Sie packte die Sitzfläche und versuchte, sie mit einem gezielten magischen Impuls wieder in die richtige Höhe zu zwingen. Nichts. Der Stuhl blieb störrisch unten.

„Das kann doch nicht wahr sein!“, zischte sie, wobei ihre Stimme bereits diesen gefährlich ruhigen Unterton annahm, der Darin und Lily sonst zur Vorsicht mahnte. Sie warf einen Blick auf den Kalender. Vor drei Wochen hatte Darin versprochen, sich darum zu kümmern. Drei. Wochen.

Ein tiefes Knurren, das man bei einer zierlichen Blumenelfe kaum vermuten würde, entwich ihrer Kehle. Ihre sonst so gewählte Ausdrucksweise wich einem dringenden Bedürfnis nach technischer Unterstützung. Und es gab nur einen, der ihr bei so etwas helfen konnte – oder es zumindest sollte.

„DAAAAARIIIN!“, schallte es durch das kleine Häuschen, eine Oktave tiefer und geladener als ihre sonst glockenhelle Stimme. „DARIN, ICH BRAUCHE DEINE SOFORTIGE AUFMERKSAMKEIT!“

Im Keller, zwischen surrenden Servern, blinkenden LEDs und dem wohlgeordneten Chaos aus Kabeln, Platinen und Werkzeug, zuckte Darin zusammen. Er war gerade dabei, ein kniffliges Problem mit einem Schaltsystem für die Remote-Überwachungsperimeter des Feenland-Portals zu lösen, eine Aufgabe, die seine volle, logische Konzentration erforderte. Funnys Stimme klang… nun, sie klang, als würde gleich ein kleiner, aber sehr fokussierter Tornado durch den Keller fegen.

‚Oh je‘, dachte Darin und legte vorsichtig einen modifizierten Lötkolben beiseite. ‚Das klingt nach Kategorie Rot. Definitiv Rot.‘

Er begann langsam bis zehn zu zählen, eine Methode, die er entwickelt hatte, um sich auf Funnys gelegentliche, aber intensive Zornesausbrüche vorzubereiten. „Eins… zwei… drei…“

Er war gerade bei vier angekommen, als von oben ein Poltern zu hören war, das verdächtig nach einer außer Kontrolle geratenen Büffelherde auf einer Holztreppe klang. Die Kellertür, die er eigentlich immer sorgsam geschlossen hielt, um Staub von seiner empfindlichen Technik fernzuhalten, wurde mit einer solchen Wucht aufgerissen, dass sie gegen die Wand knallte.

Im Türrahmen stand Funny. Ihre dunkelblauen Haare schienen vor statischer Energie zu knistern, ihre himmelblauen Augen sprühten Funken, und sie schnaubte vor Wut. Ihr sonst so perfekter hellblauer Feen-Bikini spannte sich über ihrer Brust, als sie tief Luft holte.

„Darin!“, begann sie mit bebender Stimme, bemüht, ihre Contenance nicht vollends zu verlieren.

„Es reicht! Es reicht mir ganz und gar! Mein hochgeschätzter, sündhaft teurer Gamingstuhl von Razer, den ich für meine wichtige Arbeit bei Funime.de benötige, hat beschlossen, eine vertikale Rebellion anzuzetteln! Er bewegt sich, immer und immer wieder, sobald ich eine gewisse Zeit darauf gesessen habe, unaufhaltsam nach unten! Diese verdammte, infame, niederträchtige Gasfeder ist definitiv und unwiderruflich kaputt!“

Sie unterstrich jedes Wort mit einem zornigen Stampfen ihres kleinen Fußes.

Darin, dessen Gedanken noch halb bei störrischen Logikgattern und Quantenverschränkungen seines Schaltsystems waren, blinzelte.

„Stuhl? Gasfeder?“

Er versuchte, sein Gehirn vom technischen Feenland-Modus in den Haushalts-Problem-Modus umzuschalten. Das dauerte manchmal einen Moment. Er griff daher auf sein Standard-Fehleranalyseprotokoll zurück.

„Standardfrage Nummer eins, Funny,“ sagte er mit der ruhigen, überlegten Stimme, die er auch bei seinen sachlichen Anime-Bewertungen verwendete. „Hast Du dich an die angegebene Gewichtsbegrenzung des Stuhls gehalten?“

Ein gefährliches Schweigen trat ein. Die Temperatur im Keller schien um mehrere Grade zu sinken. Darin, völlig in seiner logischen Blase gefangen, bemerkte die sich blitzschnell zusammenbrauenden Gewitterwolken in Funnys Blick nicht.

Er fuhr unbeirrt fort, ganz der genaue Techniker: „Oder, anders formuliert, um alle Variablen zu berücksichtigen: Hast Du in letzter Zeit vielleicht… äh… an Substanz gewonnen? Bist Du möglicherweise für die aktuelle Konfiguration des Stuhls… nun ja… zu schwer geworden?“

In dem Sekundenbruchteil, als die letzten Worte seine Lippen verlassen hatten, schaltete Darins Gehirn endlich vollständig um. Die volle Tragweite seiner Frage traf ihn wie ein magisch verstärkter Vorschlaghammer. Seine braunen Augen weiteten sich hinter seiner runden Brille vor Entsetzen.

‚Oh nein‘, dachte er panisch. ‚Das habe ich NICHT gesagt. Bitte sag, dass ich das nicht gesagt habe!‘

Doch es war zu spät. Funnys Gesicht, eben noch vor Wut gerötet, wurde kalkweiß. Ihre Lippen formten ein lautloses „Was?“, bevor ihre Augen begannen, in einem unheilvollen Licht zu leuchten. Sie holte tief Luft, und Darin wusste, dass jetzt etwas Furchtbares passieren würde. Er kannte diesen Ausdruck – es war derselbe, den sie aufsetzte, bevor sie einen besonders hartnäckigen Eindringling in Feenland mit einem strategisch platzierten, hochkomplexen Abwehrzauber pulverisierte.

‚Deckung!‘, schrie sein innerer Alarm. Mit einer blitzschnellen Reaktion, geschult durch zahllose brenzlige Situationen, warf er die Hände hoch und murmelte die Formel für einen seiner stärksten persönlichen Abwehrschirme. Gerade noch rechtzeitig, um seine geliebten Server und die empfindliche Technik im Keller vor dem zu schützen, was auch immer Funny auf ihn loslassen würde.

Doch die Attacke kam nicht, jedenfalls nicht von Funny.

Wie aus dem Nichts – oder genauer gesagt, von der Kellertreppe, die sie offenbar im Windschatten von Funnys Wut unbemerkt heruntergestürmt war – materialisierte sich Lily. Ihre dunkelroten Haare flogen wild, ihre grauen Augen blitzten entschlossen, und in ihren Händen formte sich bereits das vertraute, bedrohliche Knistern ihrer Dornenmagie.

„FINGER WEG VON FUN-CHAN, DU FIESLING!“, kreischte Lily, deren Empathie-Sensoren offenbar bei „Funny in höchster Not“ angeschlagen hatten, ohne die genauen Umstände zu analysieren. Ihre Impulsivität und ihr Beschützerinstinkt übernahmen die volle Kontrolle.

Noch bevor Funny ihre eigene, vermutlich sehr pointierte und magisch untermauerte Antwort auf Darins Fauxpas formulieren konnte, schoss Lilys berühmte Dornenhecke los. Darins Schutzschirm, primär darauf ausgelegt, seine Technik zu sichern, umschloss die Serverracks und Konsolen wie eine zweite Haut. Er selbst jedoch fand sich im nächsten Augenblick inmitten eines wuchernden, undurchdringlichen Dickichts aus peitschenden, scharfen Dornenranken wieder, die unaufhörlich und schmerzhaft nach ihm schnappten.

„Aaaargh! Lily! Was zum…?!“, keuchte Darin, während er versuchte, sich vor den zornigen Pflanzen in Sicherheit zu bringen, was in der Enge des Kellers und der Aggressivität der Hecke nahezu unmöglich war.

Funny, die vermutlich gerade dabei war, Darin verbal in seine atomaren Bestandteile zu zerlegen oder ihm zumindest einen sehr präzisen und demütigenden Fluch anzuhängen, kreischte plötzlich erschrocken auf, als Darin in Lilys berüchtigt-effektiver Dornenhecke verschwand. Ihre Wut auf Darin war für einen Moment vergessen, verdrängt von der Sorge um ihren Freund – und der Erkenntnis, dass Lilys Eingreifen, so gut es gemeint sein mochte, die Situation gerade auf eine ganz neue Ebene des Chaos gehievt hatte. „LI-CHAN!“, rief Funny scharf, ihre Stimme überschlug sich fast. „BEI ALLEN VERWELKTEN GÄNSEBLÜMCHEN, BRING IHN NICHT UM!“

Lily, die immer noch in Kampfhaltung dastand und die Dornenhecke mit zornigen Blicken dirigierte, wirbelte herum.

„Fun-chan! Alles in Ordnung mit dir? Hat es dir was getan? Ich hab gespürt, dass du in höchster Gefahr bist!“

Funny starrte sie an, eine Mischung aus Fassungslosigkeit und aufkeimender Verzweiflung in ihren Zügen. Sie schüttelte verwirrt den Kopf.

„Es? Gefahr? Wovon, beim Nektar der Mondblume, redest du da, Lily?“

„Na, von dem Angriff!“, erklärte Lily atemlos und überzeugt. „Ich lag bis gerade eben noch friedlich und unschuldig in meinem Bett und hab von einem riesigen Drachen geträumt, der mir Schokolade bringt, da hab ich plötzlich ganz klar und deutlich deine Not gespürt! Es war wie ein Alarmsignal! Als ich dann richtig wach war und deine… deine sehr energiegeladene Stimme gehört habe, wusste ich, ein Feind bedroht dich! Also hab ich natürlich sofort meine Zauber auf ihn losgelassen!“

Sie deutete stolz auf die immer noch wütend zuckende Dornenhecke, in der Darin leise vor sich hin fluchte.

Ein merkwürdiges Geräusch entkam Funnys Kehle. Es klang wie ein unterdrücktes Prusten, das sich schnell zu einem unkontrollierten Lachen entwickelte.

„Ein Feind? Li-chan, meine überaus loyale, aber manchmal etwas… voreilige Freundin,“ brachte sie unter Lachen hervor, „der vermeintliche ‚Feind‘, der meine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte, ist unser Darin! Und würdest DU ihn jetzt bitte von deiner äußerst enthusiastischen Gartengestaltung befreien, bevor er aussieht wie ein frisch gestutzter Rosenbusch?“

Lily blinzelte. Erst jetzt, da der Adrenalinstoß nachließ und Funnys Gelächter zu ihr durchdrang, schien sie die Situation vollständig zu erfassen. Ihr Blick wanderte von Funny zur Dornenhecke. Die Ranken schnappten immer noch wütend nach allem im Raum, was leuchtete, blinkte oder auch nur verdächtig piepte – also nahezu nach der gesamten, von Darin so liebevoll gepflegten Technik. Dann sah sie, dass diese Technik tatsächlich unter einem stabilen, bläulich schimmernden Abwehrzauber stand. Ihr Blick fiel schließlich auf das unentwirrbare Knäuel aus zappelnden Gliedmaßen, silbernen Haarsträhnen und dem gelegentlichen Aufblitzen einer Brille inmitten der Dornen.

„Oh,“ sagte Lily leise. Dann lauter: „OH!“ Und schließlich, mit einer Stimme, die vor Entsetzen quietschte: „Oh, heilige Butterblume auf einem Komposthaufen! DARIN!“

Sie fuchtelte mit den Händen und löste mit einer hastigen Geste sofort ihren Zauber auf.

Die Dornenranken zischten, wurden welk und zogen sich knisternd zurück, als wären sie nie da gewesen. Ein sichtlich ramponierter, mit Blättern und kleinen Kratzern übersäter Darin kullerte aus dem sich auflösenden Dornenzauber heraus und blieb stöhnend auf dem Kellerboden liegen. Sein schlabberiges T-Shirt hatte mehrere neue, unmodische Risse.

Funny war sofort bei ihm.

„Darin, ist alles in Ordnung?“

Ihre Stimme war jetzt sanft, die vorherige Wut war der Sorge gewichen. Sie kniete sich neben ihn und murmelte einige kurze, einfache Heilzauber. Kleine, leuchtende Partikel tanzten über Darins Haut, und seine zahlreichen Kratzer schlossen sich augenblicklich.

„Uff… danke, Funny,“ murmelte Darin und setzte sich langsam auf. Er rieb sich den Arm. „Ich glaube, ich hatte schon unangenehmere Begegnungen mit Lilys Flora.“

Lily stand mit schuldbewusster Miene daneben, kaute auf ihrer Unterlippe und zupfte an ihrem roten Bikini.

„Tut mir echt leid, Darin! Ich dachte wirklich…“

„Schon gut, Lily,“ unterbrach Funny sie, bevor Darin etwas sagen konnte. Doch dann wandte sie sich mit strengem Blick an ihre Freundin. „Aber, Li-chan! Ich erwarte, dass Du mir sofort und ohne Umschweife erzählst, was genau in deinem Kopf vorgegangen ist!“

Darin, immer noch ein wenig neben der Spur und benommen von dem unerwarteten Angriff, versuchte, an Lily gewandt, zu vermitteln: „Ich fürchte, der Auslöser war meine Wenigkeit. Ich habe… nun ja… etwas unbedacht Formuliertes zu Funny gesagt, und angesichts ihres bereits existierenden Frustes über den defekten Stuhl war sie, verständlicherweise, schon ziemlich wütend. Meine Bemerkung hat dann wohl das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht.“

Funny schaute betreten auf ihre nackten Füße, die auf dem kühlen Kellerboden standen.

„Es tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin,“ sagte sie leise, ihre Stimme kaum ein Flüstern. „Aber das mit dem Stuhl geht wirklich schon seit Wochen so, Darin. Und seit Wochen hast du versprochen, dich darum zu kümmern. Ich brauche ihn doch für meine Arbeit.“

Darin nickte verständnisvoll. Die Erinnerung an seine unglückliche Frage ließ ihn innerlich zusammenzucken, aber er wusste, dass Funny im Kern Recht hatte mit dem Stuhl.

„Du hast ja Recht, Funny. Das war nicht in Ordnung von mir, es so lange aufzuschieben.“

Er rappelte sich ganz auf.

„Pass auf, ich verspreche dir, ich setze mich sofort ran. Ich eröffne bei Razer ein Support-Ticket, lade die Bilder hoch, und die schicken uns bestimmt schnell eine neue Gasfeder. Immerhin haben wir drei Jahre Garantie auf das gute Stück.“

Er wandte sich mit einem leicht gequälten Lächeln Lily zu.

„Und wir beide, meine abenteuerlustige Dame,“ sagte er mit einem Augenzwinkern, „müssen uns bei Gelegenheit mal ganz ernsthaft und bei einer großen Tasse Kaffee über deine schlafwandlerischen Offensiv-Qualitäten unterhalten. Die sind nämlich echt beeindruckend… wenn sie denn den richtigen erwischen!“

Ein Lachen entkam erst Funny, dann Lily, und schließlich stimmte auch Darin mit ein. Die Anspannung, die eben noch greifbar im Raum gehangen hatte, löste sich auf wie Morgennebel in der Sonne. Die Gewitterwolken über dem kleinen Häuschen der drei Freunde hatten sich vorerst verzogen, und über ihnen lachte – zumindest metaphorisch – wieder die Sonne.

Der kaputte Stuhl war zwar immer noch kaputt, aber das war jetzt ein Problem für den Razer-Support.


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