Spaß mit japanischen Zeichentrickfilmen

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Neulich in der Redaktion: Der Kuschelmammut schweigt!

„Darin! DAAAAAAARIIIIIIIIIIN!“

Funny, die sonst so beherrschte Blumenelfe, klang schriller als eine Mandragora mit Koliken. Ihre sonst so glockenhelle Stimme, schien unter der Anspannung fast zu vibrieren. Sie trommelte mit den Fingern auf ihrer Rosenholz-Schreibtischplatte.

„Verdammt noch mal, wo steckt dieser Wuschelkopf, wenn man ihn mal wirklich, WIRKLICH braucht?“

Ein dumpfes, missmutiges Grummeln drang aus dem Keller herauf, dem Reich der Server, Kabel und Darins unzähliger technischer Spielereien.

Kurz darauf folgte seine Stimme, unterlegt vom leisen Surren der Lüfter: „Wenn du wissen willst, warum unser heißgeliebter Kuschelmammut keinen Mucks mehr von sich gibt und die Timeline aussieht wie eine Wüste nach 10 Jahren Dürre – keine Ahnung! Aber ich sitze schon seit Sonnenaufgang dran, also frag bitte nicht alle fünf Minuten nach, ich gebe Bescheid, sobald es was zu vermelden gibt!“

Funny stieß einen kleinen, gepressten Laut aus.

„Ich frage nicht ständig nach, Darin! Ich frage, warum seit einem halben Tag kein einziger neuer Beitrag mehr in der Redaktions-Timeline von Mastodon aufgetaucht ist! Und als wäre das nicht genug, hat sich gerade eben auch noch der Autoposter verabschiedet. Der, der unsere liebevoll kuratierten Beiträge aus dem Redaktionssystem automatisch für Mastodon aufbereiten soll!“

Ihr Blick verdunkelte sich vor Sorge.

„Wenn niemand mehr unsere Ankündigungen sieht, was es Neues auf den FUNime-Seiten gibt, dann, mein lieber Darin, dann können wir die Aufrufzahlen bald mit der Lupe suchen! Und nur zur Info, die Verlagschefin hat auch schon angerufen. Beim Verlag geht ebenfalls nichts mehr, was den Kuschelmammut betrifft!“

Funnys Stimme bebte leicht. Strategisch war das eine Katastrophe. Sie hasste es, wenn Dinge unkontrollierbar wurden.

Im Keller seufzte Darin kaum hörbar. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und schob seine runde Brille höher auf die Nase. Sein übergroßes, hellblaues Schlabber-T-Shirt rutschte ihm dabei verräterisch von der linken Schulter. Wenn Funny das jetzt sehen könnte… aber die war ja oben und kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

„Ich weiß, Funny, ich weiß. Glaub mir, ich finde das mindestens genauso… suboptimal.“

Genau in diesem Moment stolperte Lily mit einem Stapel frisch gedruckter Drachen-Fanarts in den Raum, die Haare zu einem wilden, dunkelroten Nest verknotet.

„Huch? Was ist denn hier für dicke Luft? Hat Funny mal wieder versucht, Darin zu erklären, dass ihre Rosen die einzig wahren Lieblingsblumen sind, und nicht diese… diese japanischen Dinger von Darin?“

Sie grinste breit, ihr Blick wanderte zwischen der angespannten Funny und der Kellertreppe hin und her.

„Sehr witzig, Lily,“ knurrte Funny, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. „Unser Kuschelmammut ist scheintot. Keine neuen Posts, der Autoposter streikt. Eine technische Apokalypse, nicht weniger.“

„Oh,“ machte Lily und ließ den Stapel Fanarts auf den nächstbesten Stuhl fallen, wobei die Hälfte gleich wieder heruntersegelte.

„Das ist… schlecht. Sehr schlecht! Braucht ihr… äh… moralische Unterstützung? Oder soll ich dem Server mal gut zureden? Manchmal hilft das!“

Darin rief von unten: „Lily, sei ein Schatz und bring mir einen Kaffee runter, schwarz wie die Nacht, in der meine Hoffnungen gerade versinken. Und versuch bitte, ausnahmsweise nichts über die Tastaturen zu schütten!“

„Aye, aye, Captain Chaos, Kaffee ist unterwegs!“

Lily wirbelte herum und verschwand in Richtung Küche, nicht ohne Funny noch ein aufmunterndes „Wird schon wieder, Fun-chan! Darin ist doch unser Technik-Gott!“ zuzuwerfen.

Funny zuckte bei „Fun-chan“ leicht zusammen, aber von Lily hatte sie es längst akzeptiert. Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor die Sorgenfalten zurückkehrten.

Unten im Keller war Darin tief in die Fehlersuche versunken. Das Redaktionssystem, ein speziell angepasstes WordPress mit einem speziellen Mastodon-Plugin, hatte er schon auseinandergenommen.

„Keine Updates, keine Änderungen, nichts,“ murmelte er vor sich hin.

Er hatte die Freigabe von Mastodon im Plugin testweise gelöst. Das funktionierte. Aber eine erneute Verbindung? Fehlanzeige. Das Plugin tat so, als hätte es die Mastodon-Instanz social.amichan.de noch nie gesehen. Eine andere Test-Instanz hingegen wurde problemlos erkannt. Ein kalter Schauer lief Darin den Rücken herunter. Wenn der Kuschelmammut selbst, auf der Systemebene, ein Problem hatte, war er aufgeschmissen. Davon verstand er so viel wie eine Eintagsfliege von Quantenphysik.

„Verflixtes Trampeltier,“ fluchte er leise.

Das Paradoxe war: Er konnte den Kuschelmammut im Browser aufrufen. Einloggen, eigene Beiträge verfassen, die alten Beiträge lesen – alles kein Problem. Nur von außen schien nichts mehr reinzukommen.

„Es ist, als hätte jemand die Tür abgeschlossen, aber den Schlüssel von innen stecken lassen,“ dachte er verzweifelt.

Die „Allwissende Müllhalde“, wie er das Internet manchmal liebevoll-verächtlich nannte, spuckte bei seinen Suchanfragen nur kryptische Fehlermeldungen und Lösungen für Probleme aus, die er nicht hatte.

Lily kam mit einem dampfenden Becher heruntergeschwebt.

„Hier, dein Zaubertrank, oh großer Meister der Bits und Bytes!“

Sie stellte den Kaffee neben ihn auf einen Stapel alter Festplatten.

„Schon eine Idee, woran es liegen könnte? Hat vielleicht ein Kobold ein Kabel durchgebissen?“

Darin nahm einen großen Schluck. „Danke, Lily. Und nein, kein Kobold. Es sei denn, Kobolde können jetzt IP-Adressen manipulieren.“

Er grübelte.

„Das Einzige, was sich heute geändert hat… wir haben seit dem Glasfaseranschluss ja nur noch selten eine neue IP. Aber heute Morgen war es mal wieder soweit. Und die neue Adresse… die sah irgendwie… anders aus als sonst. Komischer.“

„Anders? Wie ‚anders‘? Hat sie jetzt rosa Pünktchen?“

„Nein, Lily. Die Zahlenstruktur war ungewöhnlich.“

Darin öffnete mehrere Webseiten, die einem die eigene externe IP-Adresse anzeigten. Und da! Bingo! Die IP-Adresse, die diese Dienste anzeigten, war eine komplett andere als die, die in der Benutzeroberfläche ihrer Fritzbox als WAN-IP gelistet war.

„Das ist es! Das muss es sein!“ rief er so laut, dass Lily zusammenzuckte. „Aber was zum Geier bedeutet das?“

Wieder durchforstete er das Netz, diesmal mit der spezifischen Frage nach unterschiedlichen IPs. Nichts wirklich Brauchbares. Frustration machte sich breit. Seine Finger schwebten über der Tastatur. Es gab noch eine letzte Instanz, einen digitalen Rettungsanker.

„Okay, wenn alle Stricke reißen…“

Er öffnete einen neuen Tab und tippte die Adresse von Google Gemini ein.

„Na, fragst du jetzt das große Orakel um Rat?“ neckte Lily und spähte neugierig über seine Schulter.

„Manchmal,“ murmelte Darin, „ist eine zweite Meinung, auch wenn sie künstlich ist, Gold wert.“

Er formulierte seine Frage sorgfältig: „Mein Mastodon Server läuft im lokalen Netzwerk auf einem eigenen Rechner. Bis gestern war er von Außen über die öffentliche Domain social.amichan.de einwandfrei erreichbar. Seit heute ist er nur noch mit dieser Adresse aus dem lokalen Netz heraus erreichbar, aber nicht mehr von extern. Die Timeline auf Mastodon empfängt auch keine neuen Beiträge mehr von anderen Instanzen. Was könnte kaputt sein?“

Gemini lieferte prompt sechs mögliche Fehlerquellen. Firewall-Einstellungen, DNS-Probleme, Portweiterleitung in der Fritzbox, der Mastodon-Dienst selbst, SSL-Zertifikat. Darin ging sie Punkt für Punkt durch.

„Nein… nein… alles schon geprüft… Zertifikat ist gültig… Dienst läuft…“ Er seufzte. „Das war’s nicht.“

Er überlegte. Die IP-Diskrepanz! Das war der Schlüssel! Er stellte Gemini eine Nachfrage: „Warum zeigt meine Fritzbox eine andere externe IP-Adresse an als zum Beispiel ein Online-Dienst zur IP-Feststellung?“

Darin hatte fast den Eindruck, die KI auf der anderen Seite des Bildschirms würde unsichtbar nicken. Die Antwort kam schnell: „Das ist ein sehr häufiges Phänomen und hat meistens eine klare technische Ursache: Carrier-Grade NAT (CGNAT) oder DS-Lite.“

Es folgte eine detaillierte Erklärung, die Darin mit wachsender Besorgnis las. Kurz gesagt: Die Internetprovider sparen IPv4-Adressen, indem sie mehreren Kunden hinter einem großen, zentralen Router dieselbe öffentliche IP-Adresse zuweisen. Die in der Fritzbox angezeigte IP ist dann nur eine ‚private‘ IP im Netz des Providers. Für normales Surfen, Mailen oder Streamen merkt der Kunde davon nichts. Aber sobald man versuchte, von außen auf Dienste im eigenen Heimnetz zuzugreifen – wie eben ihren Kuschelmammut-Server oder eine VPN-Verbindung – war Schluss mit lustig. Portweiterleitungen, wie er sie für den Mastodon-Server eingerichtet hatte, waren unter CGNAT ausgeschlossen.

Ein Kloß bildete sich in Darins Hals.

„Das… das kann doch nicht wahr sein,“ flüsterte er. „War’s das jetzt mit unserem eigenen Mastodon-Server und der weitgehend grenzenlosen Freiheit? Müssen wir auf eine gehostete Instanz umziehen?“

Die Vorstellung war grauenvoll.

Lily, die mitgelesen hatte, legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Hey, nicht gleich den Sand in den Kopf stecken! Oder war’s andersrum? Jedenfalls, die Kaugummi-Intelligenz da sagt doch sicher noch was Schlaues, oder?“

Tatsächlich hatte Gemini noch einen Rat: „Fragen Sie doch einfach mal bei Ihrem Provider an. Manchmal sind die kulant und nehmen die Umstellung für einzelne Anschlüsse zurück, wenn triftige Gründe vorliegen. Alternativ könnten Sie prüfen, ob Ihr Server und Ihr Anschluss IPv6-fähig sind und alles darüber laufen lassen.“

IPv6. Darin schluckte. Damit kannte er sich noch weniger aus als mit den tieferen Mysterien von Mastodon.

„Super. Vom Regen in die Traufe.“

Aber er erinnerte sich dunkel an eine Mitteilung des Providers, dass IPv6 nun unterstützt würde.

„Na gut, einen Versuch ist es wert.“

Mit Geminis Hilfe – die KI lieferte eine erstaunlich klare Kurzanleitung – versuchte er, den Server auf IPv6 umzustellen. Nach einer halben Stunde voller Konfigurationsdateien, Neustarts und Flüchen musste er einsehen: Es funktionierte nicht. Jedenfalls nicht auf Anhieb.

„Plan B,“ murmelte er und griff zum Telefonhörer, den er immer für Notfälle neben seinem McGyver-Werkzeugkasten liegen hatte. Er wählte die Nummer des Supports.

Nach der üblichen Warteschleifenmusik meldete sich ein freundlicher Mitarbeiter. Darin schilderte sein Problem, zunächst vorsichtig. „… und seit heute Morgen ist der Server von außen nicht mehr erreichbar. Habt ihr was geändert?“

„Möglicherweise,“ sagte der Supporter ausweichend.

Darin wurde etwas mutiger, die Verzweiflung verlieh ihm Flügel.

„Nun, es wäre ausgesprochen… hilfreich gewesen, das vielleicht vorab zu erfahren. Wenn man plötzlich nicht mehr von außen auf die eigene Infrastruktur zugreifen kann, die für den Betrieb einer Community-Plattform und die Informationsverteilung eines kleinen Verlages durchaus relevant ist, dann ist das, gelinde gesagt, ein wenig suboptimal für den Workflow.“

Der Supporter schien die Dringlichkeit nun zu verstehen. „Ich verstehe, aber IPv4-Adressen sind mittlerweile sehr rar. Wir stellen schrittweise auf CGNAT um. Aber wissen Sie was? ich kann für Ihren Anschluss eine Ausnahme einrichten und die Umstellung rückgängig machen lassen. Das sollte das Problem beheben.“

Darins Gesicht hellte sich schlagartig auf.

„Das… das wäre fantastisch! Wirklich!“

„Kein Problem. Es kann ein paar Minuten dauern. Langfristig sollten Sie sich aber tatsächlich mit IPv6 auseinandersetzen, da CGNAT der Standard werden wird.“

„Ja, das habe ich mir schon gedacht,“ seufzte Darin. „Aber dafür brauche ich etwas mehr… Einarbeitungszeit als eine halbe Stunde unter Hochdruck.“

„Verständlich,“ lachte der Supporter. „Gut, ich veranlasse das jetzt. Wir trennen jetzt die Verbindung, und wenn Ihr Router sich neu verbunden hat, sollte alles wieder beim Alten sein.“

Darin bedankte sich überschwänglich, legte auf und starrte wie gebannt auf die Statuslämpchen seiner Fritzbox. Eine Minute verstrich. Zwei. Lily kaute nervös auf einer ihrer roten Haarsträhnen.

Funny rief von oben: „Und? Gibt es Fortschritte, oder soll ich schon mal die Traueranzeige für den Kuschelmammut formulieren?“

„Geduld, Funny! Ein Hauch von Geduld!“, fauchte Darin zurück. Dann: Pling! Eine neue E-Mail im Posteingang. Betreff: „Ihre neue IP-Adresse“.

Darin öffnete sie mit zitternden Fingern. Die Adresse sah wieder so aus wie immer! Ein gewohntes, beruhigendes Zahlenmuster.

„Okay, Lily, Daumen drücken!“

Er machte eilig alle Änderungen rückgängig, die er für den gescheiterten IPv6-Versuch vorgenommen hatte, startete den Mastodon-Dienst neu und öffnete das Plugin im WordPress. Er klickte auf „Mit Mastodon verbinden“. Der Ladebalken erschien. Sekunden dehnten sich wie Kaugummi. Und dann: „Verbindung erfolgreich hergestellt!“

Fast gleichzeitig begann die Timeline auf seinem zweiten Monitor, sich wie von Zauberhand mit neuen Beiträgen zu füllen. Ein Post hier, ein Tröt da, Bilder, Links – der Kuschelmammut lebte! Er atmete! Er trötete!

„Puuuuuhhh…“ entfuhr es Darin. Ein breites Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er lehnte sich im Stuhl zurück, und das T-Shirt rutschte ihm wieder von der Schulter.

Lily jubelte: „Er hat’s geschafft! Der Technik-Gott hat den Kuschelmammut wiederbelebt! High Five!“

Sie tätschelte ihm begeistert den Arm.

Darin atmete tief durch und brüllte dann mit der vollen Kraft seiner Lungen durchs ganze Haus, dass die alten Regale im Keller erzitterten: „GEEEEHT WIIIIIIIIEDER!“

Oben in der Redaktion zuckte Funny zusammen, dann erschien ein breites, strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht. Die Anspannung fiel von ihr ab wie ein schwerer Mantel.

„Na also,“ murmelte sie. „Wurde ja auch Zeit.“

Ihr Blick wanderte unbewusst zur Kellertreppe. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrer Brust aus. Er hatte es wieder einmal geschafft. Ihr Darin.

Lily kam die Treppe hochgestürmt.

„Alles wieder im grünen Bereich, Fun-chan! Darin hat die bösen Internet-Geister vertrieben!“

Sie grinste Funny an.

„Und ich sag’s dir, als ihm das Shirt von der Schulter gerutscht ist, während er so konzentriert war… hach!“

Funny wurde leicht rot und warf Lily einen gespielt strengen Blick zu.

„Konzentrier dich auf das Wesentliche, Lily. Die Hauptsache ist, unser Kuschelmammut trötet wieder.“

Aber innerlich musste sie lächeln. Sehr sogar. Vielleicht waren japanische Rosen ja doch nicht so übel.


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