Ein zufriedenes Seufzen entfuhr Darin, als er sich in seinem Stuhl im gemeinsamen Büro der Funime-Redaktion zurücklehnte. Die letzten Wochen waren ein wahrer Marathon gewesen, gefüllt mit neuen Anime-Veröffentlichungen, technischen Wartungsarbeiten an der Feenland-Zentrale und den üblichen kleinen und größeren Katastrophen, die das Zusammenleben mit Lily so mit sich brachten.

„Diesen Miniurlaub haben wir uns wirklich verdient,“ murmelte er mehr zu sich selbst und rieb sich die müden Augen hinter seiner runden Brille.
Funny, die gerade dabei war, die letzten Sternebewertungen für einen besonders kniffligen Isekai-Anime zu finalisieren, blickte von ihrem Bildschirm auf. Ein seltenes, unbeschwertes Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Dem kann ich nur mit Nachdruck zustimmen, mein lieber Darin. Nach dem konstanten Ansturm an Verpflichtungen und dem, nennen wir es, kreativen Chaos der vergangenen Tage, erscheint ein verlängertes Wochenende in der Berghütte deiner geschätzten Eltern wie eine Oase der Ruhe und Erholung.“
Lily, die mit dem Kopf auf der Tischplatte gelegen und scheinbar gedöst hatte, schnellte hoch. Ihre dunkelroten Haare flogen dabei wild durcheinander.
„Berghütte? Einsame Bergpfade?“
Ein verschwörerisches Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
„Hey, da könnt ihr ja stundenlang ganz alleine, Hand in Händchen, durch romantische Wälder wandern und euch tief in die Augen schauen!“
Sie zwinkerte vielsagend erst Funny, dann Darin zu.
Funny spürte, wie ihr eine leichte Röte in die Wangen stieg, und auch Darin wurde sichtlich verlegen, nestelte an seiner Brille und blickte verlegen auf seine Tastatur. Ein flüchtiges, schüchternes Lächeln huschte zwischen ihnen hin und her, ein unausgesprochenes Einverständnis, dass Lilys Worte einen wahren Kern trafen.

Doch das zarte Band des Moments zerriss jäh, als Lily triumphierend hinzufügte: „Und ich als eure persönliche, mit allen Wassern gewaschene Star-Vloggerin werde euch natürlich auf Schritt und Tritt begleiten und jeden romantischen Augenblick für die Nachwelt festhalten! Stellt euch die Klicks vor! ‚Blumenelfen-Romanze in den Bergen – Live und ungeschnitten!’“
Funny stieß ein kaum hörbares Seufzen aus, das nur jemand, der sie gut kannte, als Ausdruck leichter Verzweiflung deuten konnte. Sie massierte sich die Schläfen.
„Lily, meine Liebe, dein Enthusiasmus in Ehren, aber ich hege die leise Befürchtung, dass deine… nun ja… unmittelbare Berichterstattung die angestrebte Erholung empfindlich stören könnte.“
Sie wusste, dass Lily hier absolut ernstzunehmend war. Ganz Feenland – oder zumindest der Teil, der sich für Klatsch und Tratsch interessierte (also eigentlich alle) – war der festen Überzeugung, dass Funny und Darin füreinander bestimmt waren. Und Lily sah es als ihre heilige Pflicht, ja, ihren Hauptlebenszweck an, die beiden final zusammenzubringen. Ihre Methoden waren dabei oft so subtil wie ein angreifender Drache. Mit einem ausgewachsenen Tornado zu tanzen, konnte sich bisweilen als die einfachere Aufgabe erweisen.
Darin räusperte sich.
„Ähm, Lily, vielleicht ist ‚Vlogging‘ nicht ganz das, was Funny und ich uns unter ‚Ruhe‘ vorstellen. Aber danke für das Angebot.“
Er versuchte, diplomatisch zu klingen, was ihm angesichts Lilys entschlossenem Blick nur mäßig gelang.
„Ach, ihr seid doch Spaßbremsen,“ schmollte Lily, gab sich aber vorerst geschlagen. Die Vorfreude auf den Ausflug war dennoch zu groß. „Na gut, dann eben ohne Live-Sendung. Aber packen müssen wir trotzdem!“
Und so begannen die drei, ihre Sachen für das verlängerte Wochenende zusammenzusuchen. Um sich nicht mit unnötig viel Gepäck zu belasten, hatten sie sich vor einiger Zeit eine gemeinsame Item-Box zugelegt – ein kleines, unscheinbares Kästchen, das dank Darins genialer Raum-Zeit-Magie-Tüfteleien ein schier unendliches Fassungsvermögen besaß. Ein kurzes Schnippen mit den Fingern, ein leises Surren, und alles, wirklich alles, von Kleidung über Proviant bis hin zu Lilys Sammlung an Miniatur-Drachenfiguren (die sie unbedingt mitnehmen musste), verschwand im Inneren der Box.

„Sag mal, Darin,“ fragte Lily neugierig, während sie einen Stapel flauschiger Socken in Richtung der offenen Box warf, die prompt darin verschwanden. „Wie funktioniert das eigentlich genau? Ist das wie ein schwarzes Loch, nur in klein und ohne alles zu zerquetschen?“
Darin, der gerade dabei war, sein technisches Equipment für eventuelle Notfälle zu verstauen, begann mit leuchtenden Augen: „Nun, im Grunde genommen handelt es sich um eine komplexe Raum-Zeit-Verschiebung. Die Box erzeugt eine temporäre, extradimensionale Tasche, deren Eingangspunkt an die Öffnung der Box gekoppelt ist. Die innere Dimension ist dabei so gefaltet, dass…“
Funny, die den glasig werdenden Blick ihrer besten Freundin bemerkt hatte – ein sicheres Zeichen für akute technische Überforderung –, legte Darin sanft eine Hand auf den Arm.
„Darin, mein Klügster,“ unterbrach sie ihn mit einem warmen Lächeln. „Ich glaube, Lilys Frage war eher rhetorischer Natur. Lass uns einfach sagen: Es ist Magie, und sie funktioniert wunderbar.“
Sie zischte ihm leise zu: „Lass es, sie hat eh schon abgeschaltet.“
Darins Redefluss war bei Funnys Berührung ohnehin abrupt zum Erliegen gekommen. Er erstarrte, sein Blick war wie hypnotisiert auf ihre zarte Hand gerichtet, die immer noch auf seinem Arm lag. Eine angenehme Wärme breitete sich von der Berührungsstelle in seinem ganzen Körper aus. Für einen Moment existierten nur er und Funny und dieses unerwartete, aber willkommene Gefühl.
Erst ein kaum unterdrücktes Kichern von Lily ließ die beiden wie ertappt auseinanderspringen. Funny zog schnell ihre Hand zurück, ihr Gesicht wieder eine Spur röter. Darin räusperte sich verlegen und versuchte, seine Fassung wiederzugewinnen.
„Äh, ja, genau. Magie,“ stammelte er und wandte sich dann schnell einem anderen Thema zu, um die peinliche Stille zu durchbrechen. „Ihr wisst, wie wir fahren, oder? Und wo wir genau aussteigen müssen?“
Ein schelmisches Lächeln huschte über sein Gesicht, und auch Funny und Lily mussten grinsen. Alle drei dachten unwillkürlich an die legendäre erste gemeinsame Reise von Funny und Lily in der Menschenwelt. Damals hatten die beiden Feenmädchen, völlig geplättet von verspäteten Zügen, geänderten Gleisen und verdrehter Wagenreihenfolgen, ihre Haltestelle um mehrere Stationen verpasst und waren bis zur Endhaltestelle durchgefahren. Ihre anschließende Odyssee, um doch noch an ihr Ziel zu gelangen, war inzwischen Stoff für zahlreiche amüsante Anekdoten und Neckereien in ganz Feenland.
Darin kramte einen sorgfältig ausgedruckten Reiseplan hervor.
„Also, aufgepasst, meine Damen,“ begann er mit gespielter Strenge. „Planänderung. Der Regionalzug, den wir ursprünglich nehmen wollten, fährt nicht. Die Menschen sind mal wieder eifrig dabei, an den Gleisen herumzubauen.“
Er seufzte leise.
„Wir fahren also zunächst mit einer Kutsche bis zur nächsten größeren Stadt der Menschen. Dort steigen wir in eine ihrer sogenannten Vorortbahnen um.“
Lily verzog das Gesicht.
„Vorortbahn? Klingt furchtbar langweilig. Fahren da auch Drachen mit?“
„Ich bezweifle es stark, Lily,“ erwiderte Funny trocken. „Konzentriere dich bitte auf Darins Ausführungen.“
Darin fuhr unbeirrt fort: „Diese Vorortbahn bringt uns dann zum großen Hauptbahnhof. Und von dort, meine Damen, nehmen wir den berüchtigten Städtekiller… HÄÄÄ?“ Er starrte entgeistert auf seinen Plan. „LILY! Ich habe dir ausdrücklich gesagt, du sollst nicht auf meinen Unterlagen herumkritzeln!“

Lily blickte mit der unschuldigsten Miene der Welt auf, die so übertrieben unschuldig war, dass sie schon wieder verdächtig wirkte. Sie klimperte mit den Wimpern.
„Städtekiller? Davon weiß ich gar nichts. Aber das klingt viel aufregender als ‚InterCityExpress‘.“
Funny konnte sich ein Prusten nicht verkneifen und versuchte, ihr Lachen hinter vorgehaltener Hand zu verbergen. Selbst Darin musste leicht schmunzeln, obwohl er versuchte, streng zu wirken.
„Also wirklich, Lily,“ sagte er, schüttelte den Kopf, aber ein Lächeln spielte um seine Lippen. Er korrigierte mit einem roten Stift den Eintrag auf seinem Plan. „Wir fahren mit dem Städteexpress Nummer 377. Laut Plan fährt dieser Zug ohne weitere Zwischenstopps durch bis nach Karls Ruheresidenz. Dort müssen wir aussteigen, und für das letzte Stück nehmen wir wieder eine Kutsche, die uns direkt bis zur Berghütte meiner Eltern bringt. Alles soweit verstanden?“
„Sir, ja, Sir!“ schallte es einstimmig und mit übertriebenem militärischem Eifer von den beiden Feenmädchen zurück. Alle drei brachen in schallendes Gelächter aus. Die Vorfreude auf den gemeinsamen Urlaub war trotz – oder gerade wegen – Lilys Eskapaden riesig.
Am nächsten Morgen brach das Trio in aller Frühe auf. Die Kutschfahrt zur nahen Menschenstadt verlief ruhig. Die Vorortbahn entpuppte sich als erstaunlich pünktlich und sauber.
Doch als sie im Zug saßen und die Landschaft an ihnen vorbeizog, surrte Darins Tasche. Es war sein magisch präparierter Reiseplan, der ihn auf Änderungen aufmerksam machte. Er holte ihn hervor, und seine Miene versteifte sich augenblicklich. Neben ihrem gebuchten Zug stand in leuchtend roten Buchstaben der Vermerk: „Zug hält heute nicht am Hauptbahnhof.“
Funny beugte sich besorgt vor. „Nicht am Hauptbahnhof? Aber das ist doch unser Umstiegspunkt. Was hat das zu bedeuten?“
Lily drängelte sich zwischen die beiden.
„Versteh ich nicht. Wieso hält unser Zug nicht an unserem Bahnhof? Haben die Menschen den Bahnhof über Nacht weggezaubert? Oder ist er von Riesen besetzt?“
Darin schüttelte den Kopf, seine Stirn lag in tiefen Falten.
„Das steht hier nicht. Nur dieser Vermerk. Sehr seltsam. Es gab keinerlei Vorwarnung.“
Da sie jedoch in wenigen Minuten den besagten Hauptbahnhof erreichen würden, beschlossen sie, die Diskussion vorerst zu vertagen und sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen.
Mit einem deutlich mulmigen Gefühl im Magen stiegen die drei am Hauptbahnhof aus, der sich jedoch als völlig normal und nicht von Riesen besetzt erwies. Sie eilten zu ihrem ursprünglichen Abfahrtsgleis. Doch statt ihres erwarteten Städteexpress 377 verkündete eine große digitale Anzeigetafel in kühlen Buchstaben: „Ersatzzug 2937 nach Franks Furt. Abfahrt pünktlich.“
„Franks Furt?“ stammelte Lily. „Ich dachte, wir wollen nach ‚Karls Ruheresidenz‘? Ist das eine neue Art von Schnitzeljagd der Menschen?“
Darin, sichtlich irritiert über diese unvorhergesehene Komplikation, entdeckte einen uniformierten Schaffner, der geschäftig über den Bahnsteig eilte, und hielt ihn an.
„Entschuldigen Sie bitte, werter Herr,“ begann er höflich. „Wir wollten eigentlich mit dem Städteexpress 377 nach ‚Karls Ruheresidenz‚. Hier steht aber etwas von einem Ersatzzug nach ‚Franks Furt‘.“
Der Schaffner, ein gemütlich wirkender Mann mit einem beeindruckenden Schnurrbart, lächelte beruhigend.

„Keine Panik, mein Junge, keine Panik! Es gab da ein kleines technisches Problemchen mit der Lok vom 377er. Aber alles schon geregelt! Dieser Ersatzzug hier, der schmucke 2937er, bringt euch schnurstracks nach ‚Franks Furt‚. Dort steht euer ursprünglicher Zug, der 377er, schon bereit und wartet auf euch.“
Funny, die stets auf Nummer sicher ging, hakte nach: „Und Sie sind sich absolut gewiss, dass der Zug dort tatsächlich auf uns warten wird? Nicht, dass wir in ‚Franks Furt‚ stranden und die japanischen Rosen meiner Träume verpassen.“
Letzteres murmelte sie eher für sich.
Der Schaffner lachte dröhnend.
„Aber selbstverständlich, meine Liebe! Garantiert! Unser gesamtes Zugpersonal, inklusive meiner Wenigkeit und des Lokführers, steigt dort ebenfalls um. Wir lassen doch unsere Fahrgäste nicht im Stich!“
Lily, die sich bereits Sorgen um ihre reservierten Sitzplätze mit extra Beinfreiheit machte (obwohl Elfen diese nicht zwingend benötigten), quetschte sich vor. „Und was ist mit unserer Reservierung? Gilt die dann auch im Ersatzzug?“
Der Schaffner winkte ab. „Ach was, Reservierung! Bis nach ‚Franks Furt‚ herrscht heute freie Platzwahl! Setzt euch einfach dorthin, wo es euch am besten gefällt und wo ihr am meisten Spaß habt.“
Er zwinkerte ihnen zu und eilte weiter.
Ein wenig nervös, aber auch etwas beruhigt durch die freundliche Art des Schaffners, warteten die drei Elfen, bis der Ersatzzug pünktlich auf dem Gleis einrollte. Er war etwas älter und weniger komfortabel als der erwartete Städteexpress, aber sie fanden rasch ein freies Abteil, das sie sogleich in Beschlag nahmen und es sich so gemütlich wie möglich machten. Ungefähr vier Stunden, so schätzten sie, würde die Fahrt bis „Franks Furt“ dauern.
Darin, dessen Vertrauen in die menschliche Organisation leicht angekratzt war, behielt die digitale Anzeigetafel im Waggon, die den nächsten Halt und eventuelle Informationen anzeigte, mit Argusaugen im Blick. Funny versuchte, sich mit einem Buch abzulenken, während Lily abwechselnd aus dem Fenster starrte und versuchte, die Gespräche der Mitreisenden zu belauschen.
Der Zug setzte sich mit einem Ruck in Bewegung. Die Dörfer und Städte der Menschen zogen zunächst eintönig an ihnen vorbei. Doch plötzlich, nach etwa drei Stunden Fahrt, sprang die Anzeige im Waggon mit einem leisen Piepsen um. Statt des nächsten Halts stand dort nun: „Geändertes Reiseziel: Zug 2937 endet im ‚Kessel von Wilhelmsberg‚.“
Ein aufgeregtes Tuscheln ging durch den Waggon. Auch Funny, Lily und Darin blickten sich alarmiert an.
„Im ‚Kessel von Wilhelmsberg‚?“ flüsterte Funny. „Das klingt nicht nach einem Ort, an dem man freiwillig aussteigt. Darin, was bedeutet das?“
„Ich habe keine Ahnung“, erwiderte Darin ebenso leise, seine Finger zuckten, als wollten sie eine magische Analyse starten. „‚Wilhelmsberg‚ kenne ich, aber ‚Kessel von Wilhelmsberg‚? Das ist keine offizielle Haltestelle.“
Lily wurde blass. „Endet der Zug dort? Müssen wir dann alle aussteigen? Werden wir dann in einem Kessel gekocht? Ist das eine Falle?“
Ihre Stimme wurde immer höher.
„Beruhige dich, Lily,“ versuchte Funny sie zu besänftigen, obwohl ihr eigenes Herz schneller schlug. „Das ist sicher nur eine unglückliche Formulierung der Menschen.“

„Wo ist denn dieser Schaffner hin?“ fragte Darin und spähte in den Gang. „Der war doch so zuversichtlich.“
Darin warf einen skeptischen Blick zu den anderen Reisenden. Die meisten wirkten genauso verwirrt wie sie, einige zuckten jedoch nur mit den Schultern, als seien solche Durchsagen an der Tagesordnung. Da niemand Anstalten machte, bei der nächsten regulären Station panisch den Zug verlassen zu wollen, beschlossen die drei Freunde, vorerst ebenfalls an ihren Plätzen zu bleiben und die weitere Entwicklung abzuwarten. Funnys strategisches Denken riet zur Beobachtung, bevor man voreilige Schlüsse zog.
Und tatsächlich, kaum hatten sie sich wieder etwas beruhigt, sprang die Anzeige erneut um. Diesmal stand dort: „Update: Ersatzzug 2947 nach ‚Franks Furt‚“
Lily stieß ein Kichern aus, das halb nervös, halb belustigt klang.
„Ich glaube, die Menschen haben irgendein uns Blumenelfen völlig unbegreifliches, chaotisches System der Nummerierung und Zielplanung! Erst der 377er, dann der 2937er, der plötzlich im Nichts enden soll, und jetzt ist es der 2947er! Und ich wette mit dir, Fun-chan,“ sie grinste Funny an, „am Ende steigen wir in ‚Franks Furt‚ wirklich alle wieder in den ursprünglichen Zug 377 um, als wäre nie etwas gewesen!“
Funny musste wider Willen lächeln.
„Deine Logik ist zwar oft so verschlungen wie eine Dornenhecke, meine liebe Lily, aber in diesem Fall könnte deine chaotische Intuition tatsächlich ins Schwarze treffen.“
Etwa dreißig Minuten später, die ohne weitere Zwischenfälle oder mysteriöse Anzeigenänderungen verstrichen, rollte der Zug tatsächlich auf einem der zahlreichen Gleise des Hauptbahnhofs von „Franks Furt“ ein. Eine leicht gehetzt klingende Durchsage drang aus den Lautsprechern: „Sehr geehrte Fahrgäste, wir haben ‚Franks Furt‚ erreicht. Wir bitten Sie, nun alle hier in Ruhe auszusteigen. Bitte begeben Sie sich von Gleis 19 zügig zu Gleis 1. Dort steht Ihr Anschlusszug, der Städteexpress 377, zur Weiterfahrt bereit. Nach aktuellem Plan haben wir für den Umstieg geruhsame zehn Minuten Zeit. Wir wiederholen: von Gleis 19 zu Gleis 1. Zehn Minuten.“
Darin, der Stift und Notizblock bereits gezückt hatte, schrieb eifrig mit. „Von Gleis 19 nach Gleis 1,“ murmelte er. „Das bedeutet einmal quer durch den gesamten Bahnhof. Von einem Ende zum anderen. Zehn Minuten. Das ist sportlich, aber machbar.“ Er grinste verschwörerisch. „Notfalls, meine Damen, müssen wir eben ein kleines bisschen… schweben.“
Funny kicherte leise.
„Ja, es hat durchaus seine unbestreitbaren Vorteile, wenn man zu den Blumenelfen gehört und die Magie so freundlich ist, die Wahrnehmung der Menschen ein wenig zu unseren Gunsten zu beeinflussen! Ein kleiner Unsichtbarkeitszauber hier, ein kleiner Temposchub da…“
Der Umstieg gestaltete sich dann tatsächlich weniger als ein Wettlauf gegen die Zeit mehr als Wettlauf, die ersten am Zug zu sein. Aber dank ihrer elfischen Wendigkeit und einiger diskret eingesetzter magischer Hilfen – ein kleiner Windstoß, der sie vorwärts trug, ein plötzlich auftauchender freier Weg durch die Menschenmassen – erreichten sie Gleis 1 vor allen anderen. Und tatsächlich, dort stand er in seiner ganzen Pracht: der Städteexpress 377, sauber, modern und mit dem vielversprechenden Ziel „Karls Ruheresidenz“ auf der Anzeige.

Erschöpft, aber erleichtert ließen sie sich in ihre reservierten Sitze fallen. Funny und Lily warfen sich jedoch einen leicht gequälten Blick zu.
„Bloß nicht einschlafen,“ murmelte Funny. „Nicht, dass wir diesmal Karls Ruheresidenz komplett verschlafen und am Ende irgendwo in der Schweiz aufwachen.“
Lily nickte energisch. „Oh ja! Unsere letzte Irrfahrt reicht locker aus. Noch einmal muss echt nicht sein.“
Darin lächelte nachsichtig.
„Macht es euch nur bequem und schließt ruhig die Augen. Ich passe schon auf, dass wir unseren Ausstieg diesmal nicht verpassen. Ihr könnt euch auf mich verlassen.“
Seine ruhige Zuversicht wirkte beruhigend.
Und tatsächlich, etwa eine Stunde später, nach einer Fahrt, die nun erfreulich ereignislos verlief, erreichten sie „Karls Ruheresidenz„. Sie stiegen aus, atmeten die frische, klare Luft ein und nahmen eine der bereitstehenden Kutschen, die sie den Rest des Weges durch malerische Wälder und hinauf ins Gebirge zur einsamen, aber gemütlichen Berghütte von Darins Eltern brachte.

Dort angekommen, schafften sie es gerade noch, ihre Sachen aus der Item-Box zu holen und sich in ihre Betten fallen zu lassen. Der Tag war aufregend gewesen, voller unerwarteter Wendungen und kleiner Abenteuer. Und Aufregung, das wussten alle drei Elfen nur zu gut, ist auf ihre eigene Art ziemlich anstrengend.
Schnell waren aus den Zimmern nur noch die ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge dreier tief schlafender Blumenelfen zu hören, die von einsamen Bergpfaden, japanischen Rosen und zumindest bei Lily, von aufregenden Flügen auf dem Rücken von Drachen, träumten – und von dem wohlverdienten Miniurlaub, der nun endlich beginnen konnte.
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