Ein leises Summen und das gelegentliche Klicken von Relais erfüllten den kleinen Serverraum im Häuschen der drei Elfen. Darin, wie so oft, war tief in seiner Arbeit versunken. Sein silbernes Haar stand in alle Richtungen ab, während er, halb unter einen Tisch gekrochen, konzentriert an einer Reihe von blinkenden Modulen schraubte. Nur seine Beine und ein Stück seines übergroßen hellblauen T-Shirts ragten heraus.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Funny stürzte herein, ihre dunkelblauen Haare wirbelten leicht.
„Darin, mein Bester! Ich habe eine absolut zündende Idee!“
Funny stoppte abrupt, als sie Darins ungewöhnliche Position bemerkte. Ein Kichern entfuhr ihr, das schnell zu einem hellen Lachen wurde.
„Oh, Darin! Verzeihung, aber du siehst aus wie eine Schnecke, die versucht, sich in ihr viel zu kleines Häuschen zurückzuziehen!“
Darin zuckte zusammen und stieß sich mit dem Kopf leicht an der Oberkante des Tisches.
„Au! Funny, bei allen Blütenblättern, musst du so hereinplatzen?“

Er schob sich langsam und etwas zerknirscht unter dem Tisch hervor, klopfte sich den imaginären Staub von seinem T-Shirt und schob seine runde Brille zurecht. Er musterte Funny, deren himmelblaue Augen vor Aufregung funkelten.
„Nun, da du meine Konzentration ohnehin pulverisiert hast, was für eine weltbewegende Eingebung hatte meine werte Kollegin denn?“
Funny beruhigte ihr Lachen, obwohl ein amüsiertes Lächeln auf ihren Lippen blieb.
„Es ist wirklich wichtig, Darin! Funime braucht einen YouTube-Account! Unbedingt!“
Ihre Stimme war voller Enthusiasmus.
Darin rieb sich das Kinn und lehnte sich gegen den Serverschrank.
„Einen YouTube-Account, sagst du? Und was genau schwebt dir vor, dort einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren? Katzenvideos aus Feenland?„
Ein Anflug von Ironie lag in seiner Stimme.
Funny, die kurz die Stirn gerunzelt hatte, ließ sich nicht beirren.
„Nein, natürlich nicht! Obwohl… das wäre vielleicht auch nicht schlecht,“ murmelte sie kurz, dann schüttelte sie den Kopf.
„Ich dachte an einen Videopodcast! Wir könnten uns über neue Anime unterhalten, unsere Meinungen austauschen, vielleicht sogar Gäste einladen!“
„Gäste?“
Darin zog eine Augenbraue hoch.
„Und wer sollte das sein? Abgesehen davon, dass wir uns unterhalten… das tun wir doch ohnehin ständig.“
Funnys Enthusiasmus bekam einen ersten kleinen Dämpfer.
„Nun, wir könnten die aktuellen Saisons besprechen. Und… und wir könnten Lily wie einen Wirbelwind hereinplatzen lassen, um für etwas… nun ja… Dynamik zu sorgen!“
Darins Mundwinkel zuckten.
„Ah, Dynamik. Du meinst, wir lassen Lily hereinplatzen, und binnen fünf Minuten versinkt der gesamte Podcast in einem charmanten, aber undurchdringlichen Chaos. Ich glaube kaum, dass dies die Art von strukturierter Präsentation ist, die du dir für Funime wünschst, oder?“ fragte er sehr trocken.
Funny seufzte.
„Nein, vermutlich hast du da nicht ganz Unrecht.“
Ihre Schultern sackten ein wenig nach unten.
„Vielleicht könnten wir zusammengefasste Anime-Reviews als Video bringen? Mit Grafiken und kurzen Ausschnitten?“
Darin nickte langsam.
„Das wäre schon eher eine Option. Aber ich frage mich, meine liebe Funny, wann genau gedenkst du, diese aufwendigen Beiträge zu erstellen? Zwischen unseren Patrouillen im Feenland? Während wir versuchen, einen verirrten Gremlin aus der Zentralsteuerung zu pulen? Oder vielleicht in den fünf Minuten Freizeit, die uns bleiben, bevor Lily wieder eine ihrer ‚genialen‘ Ideen hat, wie man den Garten neu gestalten könnte – meistens mit Feuer und explodierenden Pilzen?“
Funny wurde immer kleinlauter. Die anfängliche Aufregung war verflogen und wich einer sichtlichen Enttäuschung. Ihre Stimme klang nun fast resigniert.
„Und ich dachte wirklich, es sei eine gute Idee. Etwas, das uns mehr Reichweite verschaffen könnte. Die Leute lieben doch Videos.“ Sie starrte auf ihre Fußspitzen.
Ein Anflug von Schuldgefühl machte sich in Darin breit. Er hasste es, Funny so entmutigt zu sehen, besonders wenn ihre Ideen im Kern oft brillant waren. Er schob seine Brille höher auf die Nase und räusperte sich.
„Nun, ganz so schwarz sollten wir es nicht sehen. Die Grundidee ist ja nicht verkehrt. Man muss sie nur… anpassen.“
Er überlegte kurz, seine braunen Augen fixierten einen Punkt an der Wand.
„Pass auf. Wir richten erst einmal einen Account ein. Das ist in wenigen Minuten erledigt. Als ersten Inhalt… da gab es doch neulich dieses Video, wo jemand unsere alte Funime-Archiv-CD vorgestellt und kommentiert hat. Das könnten wir verlinken oder vielleicht sogar einbetten, wenn der Ersteller nichts dagegen hat.“
Ein kleiner Hoffnungsschimmer kehrte in Funnys Augen zurück.
Darin fuhr fort: „Und dann haben wir doch diesen umfangreichen Artikel über die Crunchyroll-Frühjahrssaison auf der Seite. Wir könnten eine Playlist erstellen, in der wir all die offiziellen Trailer zu den genannten Serien sammeln. Das wäre ein Anfang, ein Grundgerüst. Und dann,“ er zuckte mit den Schultern, „sehen wir weiter. Vielleicht ergibt sich ja etwas.“
Funnys Gesicht hellte sich schlagartig auf. Ein strahlendes Lächeln breitete sich aus, und bevor Darin reagieren konnte, warf sie ihm die Arme um den Hals.
„Oh, Darin, du bist wirklich ein Schatz! Das ist… das ist eine wunderbare Vorgehensweise! Pragmatisch und doch zielführend!“
Sie drückte ihn kurz und löste sich dann wieder, ihre Augen funkelten erneut.

„Sag mir Bescheid, wenn du alles eingerichtet hast, ja?“
Damit wirbelte sie so schnell zurück in ihr Büro, wie sie gekommen war, und ließ einen etwas bedröppelten Darin zurück.
Er stand einen Moment lang unschlüssig da, mit einer Hand fuhr er sich durch das silberne Haar.
„Wieso,“ murmelte er leise vor sich hin, „habe ich jetzt schon wieder die Arbeit aufgehalst bekommen? ‚Sag mir Bescheid, wenn du fertig bist’…“
Er seufzte. Dann blitzte eine Erkenntnis in seinen Augen auf.
„Moment mal. Playlists erstellen, Videos verlinken… Social Media Kram… Lily kann sowas doch viel besser! Und schneller!“
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Mit neuem Elan machte sich Darin auf die Suche nach Lily. Wo würde man eine Blumenelfe, die den Titel „Morgenmuffel des Jahrhunderts“ verdiente, um diese Uhrzeit wohl finden? Natürlich. Noch immer tief schlafend in ihrem Bett, eingekuschelt in eine Decke, die aussah, als hätte ein Drache darin genistet.
Vorsichtig öffnete Darin die Tür zu Lilys Zimmer, das wie üblich einem kreativen Schlachtfeld glich.
„Lily? Aufwachen.“
Ein unverständliches Knurren kam unter der Decke hervor.
„Lily, es ist wichtig.“
„Lass mich schlafen, Darin,“ grummelte eine verschlafene Stimme. „Wieso musst du mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißen?“
Darin unterdrückte ein Lachen.
„Mitten in der Nacht? Meine Liebe, es ist fast zehn Uhr. Vormittags.“
Er trat näher ans Bett.
„Komm runter in die Küche. Ich mache dir einen Kaffee – mit extra viel Irish-Cream-Kaffeesahne – und dann muss ich etwas Wichtiges mit dir besprechen.“
Er wusste, welche Knöpfe er drücken musste. Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und ging in die Küche.
Oben im Zimmer herrschte für einen Moment Stille. Dann raschelte es. Lily hatte die Worte „Kaffee“, „Irish-Cream-Kaffeesahne“ und „Darin macht ihn“ sehr wohl vernommen. Wie ein Flummi sprang sie aus dem Bett. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Sich fertigmachen dauerte bei Blumenelfen ja glücklicherweise nicht lange. Sie griff nach ihrem flammendroten Bikini und war, noch ehe sie ihn richtig geschlossen hatte, schon auf dem Sprung zur Treppe.
Als Darin unten in der Küche das vertraute Poltern auf der Holztreppe hörte, das eher an eine kleine Büffelherde als an eine Elfe erinnerte, lächelte er wissend. Kaffee und die spezielle Sahne waren einfach unschlagbare Argumente. Er stellte bereits eine große Tasse neben die Kaffeemaschine.
Die Küchentür flog mit Schwung auf und eine noch völlig zerzauste Lily, deren dunkelrotes Haar in alle Richtungen stand, schwankte wie ein gerade dem Grab entstiegener Zombie in die Küche. Ihre grauen Augen fixierten Darin.
„Wo ist der Kaffee?!“ krächzte sie, die Stimme noch leicht rau vom Schlafen.

Darin schob ihr wortlos die frisch gefüllte, dampfende Tasse an ihren Platz am kleinen Küchentisch. Jetzt herrschte erst einmal andächtige Ruhe. Lily zelebrierte das Kaffeetrinken jedes Mal mit einer Hingabe, die fast schon rituell anmutete. Sie nahm einen tiefen Schluck, schloss die Augen und seufzte wohlig. Erst nachdem die halbe Tasse geleert war, blickte sie Darin an, nun deutlich wacher und ansprechbarer.
„So,“ sagte sie und stellte die Tasse ab. „Was willst du also, mein lieber technikaffiner Mitbewohner?“
Darin lehnte sich an die Arbeitsplatte.
„Einen Funime-YouTube-Kanal.“
Lily blinzelte. „Kriegste.“
Er hob eine Augenbraue. Das ging ja einfacher als gedacht.
„Und eine Verlinkung zu diesem Video über unsere alte Archiv-CD, das wir da neulich gefunden hatten.“
„Klar,“ sagte Lily und nippte wieder an ihrem Kaffee. „Kann ja nicht ganz leer sein, der Kanal, wenn er schon mal da ist.“
„Und,“ fuhr Darin fort, nun etwas zuversichtlicher, „eine Playlist mit den ganzen Trailern der aktuellen Crunchyroll-Frühjahrssaison. Die aus unserem Artikel.“
Lily zuckte mit den Schultern, als wäre es das Einfachste der Welt.
„Wenn’s weiter nichts ist.“
Sie trank ihren Kaffee mit einem letzten, genussvollen Zug aus, sprang auf und wirbelte aus der Küche in Richtung ihres eigenen kleinen Büros, das vermutlich ähnlich chaotisch war wie ihr Schlafzimmer.
„Gib mir zwanzig Minuten!“ rief sie noch über die Schulter.
Darin schüttelte lächelnd den Kopf und begann, sich selbst einen Kaffee zu machen. Er wusste, dass Lily, wenn sie einmal für etwas Feuer gefangen hatte – oder ausreichend mit Kaffee bestochen war – unglaublich effizient sein konnte.
Und tatsächlich, keine zwanzig Minuten später schallte Lilys triumphierender Ruf durch das kleine Häuschen: „Fertig! Funime ist jetzt offiziell auf YouTube! Kanal erstellt, Video verlinkt und Trailer-Playlist ist auch prall gefüllt! Wer ist die Beste?!“
Funny, die gerade mit einer kleinen Gießkanne aus dem Garten kam, und Darin, der seinen Kaffee genoss, sahen sich an und mussten grinsen. Das Chaos hatte wieder einmal erstaunlich produktive Ergebnisse geliefert.

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