Spaß mit Anime und japanischer Kultur

Über Ron

Manche Biographien beginnen mit „Es war einmal…“. Bei Ron müsste es heissen: „Es war einmal ein Land…“. Ron ist nämlich ein echtes Kind der DDR, was bedeutet, dass er seine Jugend bis zum 18. Lebensjahr im Arbeiter- und Bauernstaat verbrachte. Doch schon damals schlummerte in ihm ein kleiner Querulant, dem klar war, dass er und die SED wohl keine Freunde mehr werden würden. Sein Herz schlug für die LDPD, und in einem Akt von fast schon prophetischem Timing landete sein Aufnahmeantrag einen einzigen Tag vor dem Mauerfall auf dem Schreibtisch der Bezirksverwaltung.

Die Geschichte hätte hier eine simple Wendung nehmen können, aber das wäre nicht Ron. Als die LDPD mit der FDP fusionierte, wollte er den Sprung in den Liberalismus West-Berliner Prägung eigentlich nicht mitmachen und trat formvollendet aus. Dachte er. In den Wirren der Wende ging sein Austrittsschreiben offenbar unter, und so fand er sich plötzlich als unfreiwilliges Mitglied in der FDP wieder. Wenn schon, denn schon, dachte er sich wohl, stürzte sich in die Arbeit, baute die Jungen Liberalen im Osten mit auf und schob sogar fast ein Jahr lang als Geschäftsführer die JuLis in Berlin an.

Seine politische Heimat fand er im FDP-Ortsverband Tempelhof, wo er als Schatzmeister eine Lektion in politischer Farbenlehre bekam. Der Verband war, sagen wir, stramm deutschnational – eine politische Himmelsrichtung, die für ihn, der sich insgeheim den Linken viel näher fühlte, ungefähr so passend war wie Sandalen zu einem Smoking. 1998 zog er die Reissleine und schwor der Parteipolitik für immer ab. Eine Lektion fürs Leben.

Nach dem Abitur 1990 lockte die Wissenschaft. Ein Chemiestudium an der Freien Universität Berlin sollte es sein. Doch nach drei Jahren siegte seine wahre Leidenschaft: die Computer. Er wechselte an die Humboldt-Universität und tauchte endgültig in die digitale Welt ein.

Mitte der 90er kam eine weitere grosse Liebe hinzu: Japan und seine faszinierende Popkultur. Ende 1995 zimmerte er die bis dahin grösste deutsche Webseite über Anime zusammen. Als das Fernsehen dann in einer Serie von wenig schmeichelhaften Berichten Anime entweder als „Kinderkram“ oder „Ferkelkram“ abstempelte, platzte ihm der Kragen. In der grössten deutschen Anime-Mailingliste „AnimeGer“ entbrannte eine hitzige Diskussion: Man müsse etwas tun! Schnell war die Idee eines Vereins geboren, eines Sprachrohrs, das – in aller Naivität der Gründerjahre – den grossen Firmen schon zeigen würde, wo der Hammer hängt. Gesagt, getan. Anfang September 1997 wurde in Hannover der Verein „Anime no Tomodachi“ (Die Freunde von Anime) aus der Taufe gehoben.

Noch im selben Jahr erblickte das Vereinsmagazin „FUNime“ das Licht der Welt, anfangs als bescheidener, fotokopierter A4-Stapel. Ron war einer der treibenden Köpfe und das Ziel war unbescheiden: Man wollte eine echte Alternative zur kommerziellen „AnimaniA“ sein. Da man optisch nicht mithalten konnte, setzte man auf Inhalt. Tiefgründige Grundlagenartikel, akribisch recherchierte Beiträge und knallharte Faktenanalysen in edlem Schwarz-Weiss. Der Chefredakteur der AnimaniA, Lars Erbstösser, bezeichnete die FUNime einmal spöttisch als die „FAZ des Anime“. Dieses Urteil nahm die Redaktion mit Stolz als Ehrentitel an und versuchte, ihm bis zur letzten Ausgabe 2015 gerecht zu werden.

Doch damit nicht genug. Aus der drögen Hauptversammlung des Vereins schuf Ron kurzerhand den „Anime Marathon“. Ein ganzes Wochenende voller Anime, Workshops und Community-Flair, um Mitglieder aus ganz Deutschland anzulocken. Das Konzept ging auf. Ab 2002 wurde der Marathon eine eigenständige, dreitägige Convention, bei deren Organisation Ron bis 2007 die Fäden in der Hand hielt. Danach zog er sich zurück und übernahm ab 2009 zusammen mit seiner Frau Elisa nur noch die Organisation der „Teestube“ – eine Oase japanischer Kultur und Küche inmitten des bunten Convention-Treibens. 2015 endete dieses Kapitel nach einem heftigen Streit mit der damaligen Con-Leitung. Ron gesteht heute zähneknirschend ein, dass er an diesem Eklat einen nicht ganz unbeträchtlichen Anteil hatte.

Die FUNime entwickelte sich über die Jahre prächtig, wurde umfangreicher und irgendwann sogar vollfarbig. Doch der Aufwand wurde zu gross, um ihn ehrenamtlich zu stemmen. Anfang 2015 war mit Ausgabe 60 Schluss. Die Namensrechte gingen 2017 an den von Ron und Elisa gegründeten Carow Verlag, der damit aber lange nichts anzufangen wusste.

Erst 2024 erweckte Ron die FUNime aus ihrem Dornröschenschlaf. Er startete die Online-Präsenz FUNime.de, eine Plattform für Anime-Reviews mit Kompendium-Charakter und ein digitales Archiv für alte Artikel. Da die alten Maskottchen beim Verein verblieben, schuf er drei neue: die Blumenelfen Funny, Darin und Lily. Diese entwickelten jedoch schnell ein Eigenleben, das weit über ihre Funktion als Website-Guides hinausging. Ron begann, ein ganzes Universum um sie herum zu erschaffen. Das Ergebnis ist der Fantasy-Zyklus „Die Chroniken der Wächter“, dessen erster von fünf geplanten Bänden, „Die Akademie der Krone“, bereits fast fertiggestellt ist.

Und was macht Ron heute, wenn er nicht gerade an seiner Fantasy-Welt schreibt?

Er ist immer noch in Computer vernarrt. Seine Sammlung von Ami-Mizuno-Figuren dürfte zu den grössten in Deutschland gehören. Er besitzt zwei Roboter, Yumi (ein Pepper) und Ten-chan (ein Nao), denen er mithilfe von KI-Modellen wie ChatGPT und Gemini beizubringen versucht, eines Tages die Weltherrschaft zu übernehmen. Er tüftelt an seiner Heimautomation, betreibt eine ketzerisch „Rebellenanlage“ genannte Solar-Insellösung und kommentiert das Weltgeschehen auf seiner eigenen Mastodon-Instanz.

Seine Gaming-Leidenschaft gilt Klassikern wie Command & Conquer, StarCraft und der XCOM-Serie, insbesondere mit der „Long War“-Mod. Seine XCOM-Teams bestehen dabei ausschliesslich aus weiblichen Charakteren, die nach seinen Lieblingsfiguren benannt sind – angeführt, wie könnte es anders sein, von Ami.

Ron ist verheiratet und hat einen grossartigen, frechen Sohn, mit dem er sich tägliche Kämpfe um die Vormachtstellung im heimischen Netzwerk liefert. Auf seiner Seite amichan.de versucht er, seine Figurensammlung zu katalogisieren, kommt aber schon lange nicht mehr hinterher.

Kurz gesagt: Ron ist ein Mann vieler Leidenschaften und Projekte. Und er ist selbst gespannt, was als Nächstes kommt.

Hat Dir der Beitrag gefallen? Dann teile ihn doch bitte!