In der Flut von Isekai-Produktionen, die den Anime-Markt zu Beginn der 2020er Jahre überschwemmte, wurde es für neue Titel zunehmend schwer, sich von der Masse abzuheben. Das Genre schien in seinen eigenen Konventionen gefangen: Ein unscheinbarer Protagonist wird in eine Fantasy-Welt transportiert, erlangt dort überwältigende Kräfte und sammelt einen Harem von Bewunderinnen um sich. Vor diesem Hintergrund tritt The Fruit of Evolution: Before I Knew It, My Life Had It Made auf die Bühne – eine Serie, die auf den ersten Blick nicht nur diese Formel bedient, sondern sie geradezu zelebriert. Sie vereint nahezu jeden erdenklichen Trope des Genres in sich, vom gemobbten Außenseiter, der zum attraktiven Helden wird, bis hin zu expliziten Statusbildschirmen wie in einem Videospiel.
Dies wirft eine zentrale Frage auf, die im Kern der Rezeption dieser Serie steht: Handelt es sich bei The Fruit of Evolution um ein uninspiriertes, formelhaftes Produkt, das aus den Überresten eines gesättigten Marktes zusammengesetzt wurde? Oder ist es eine bewusst überzogene Parodie, die eben jene Klischees gezielt als Werkzeug für ihre Komödie einsetzt? Die Antwort auf diese Frage ist keineswegs eindeutig und erklärt die extrem gespaltenen Meinungen des Publikums. Die Reaktionen reichen von Zuschauern, die die Serie als „überraschend unterhaltsam“ und als „lustige Meme-Show“ feiern, bis hin zu Kritikern, die sie als „totalen Müll“, „inkompetent inszeniert“ und als „erbärmliches und peinliches Versagen“ abtun.
Diese Diskrepanz entsteht, weil die Serie in einer Art „Schrödingers Parodie“ existiert. Sie führt die Isekai-Tropen so exakt und gleichzeitig so absurd übertrieben aus, dass sie sowohl als gescheiterter ernsthafter Versuch als auch als gelungene Satire interpretiert werden kann. Die Serie balanciert auf einem schmalen Grat zwischen Klischee und dessen Karikatur. Ob ein Zuschauer sie als genial-absurd oder als furchtbar-dumm empfindet, hängt letztlich stark von der eigenen Toleranz für „Trash-Comedy“ und Produktionen mit niedrigem Budget ab. Diese fundamentale Zweideutigkeit in der kreativen Absicht ist der Schlüssel zum Verständnis der Faszination und der Verachtung, die The Fruit of Evolution hervorruft.
Übersicht
- Handlung: Vom Außenseiter zum Weltenretter
- Genre-Einordnung
- Setting und Umfeld
- Charakterbeschreibungen
- Zeichnungen: Qualität und Stil
- Animation: Qualität und Umsetzung
- Soundtrack: Qualität und Wirkung
- Stärken der Serie
- Schwächen der Serie
- Fazit
Handlung: Vom Außenseiter zum Weltenretter
Die Geschichte beginnt mit einem tiefen Einblick in das trostlose Leben von Seiichi Hiiragi. Er ist der klassische Paria seiner High School, der wegen seines Übergewichts und seines vermeintlich unattraktiven Aussehens ununterbrochenem Mobbing ausgesetzt ist. Sein Alltag ist geprägt von Beleidigungen und sozialer Isolation. Dieses Leben als „Verlierer“ bildet den düsteren Ausgangspunkt für eine radikale Veränderung.
Der Wendepunkt kommt in Form einer bizarren Durchsage über die Schullautsprecher. Eine mysteriöse Stimme, die sich als „Gott“ vorstellt, kündigt an, dass die gesamte Schülerschaft in eine andere Welt transportiert wird, um dort als Helden gegen einen Dämonenkönig zu kämpfen. Während seine Mitschüler Gruppen bilden, wird Seiichi von allen gemieden und findet sich bei der Versetzung allein wieder – an einem völlig anderen, weitaus gefährlicheren Ort als der Rest seiner Klasse.
Allein im tiefsten Wald beginnt für Seiichi ein verzweifelter Überlebenskampf. Dieser findet seinen Höhepunkt, als er auf die namensgebende „Frucht der Evolution“ stößt und sie aus Hunger verzehrt. Die Wirkung ist augenblicklich und dramatisch: Sein Körper transformiert sich in den eines schlanken, konventionell attraktiven jungen Mannes, und er erhält eine Fülle an absurd mächtigen Fähigkeiten, die ihm das System der neuen Welt als Status-Updates anzeigt. Kurz darauf trifft er auf Saria, eine gewaltige, rosafarbene Gorilla-Dame vom Typ „Kaiser Kong“. Anstelle eines Kampfes auf Leben und Tod kommt es jedoch zu einer der bizarrsten Wendungen der Serie: Saria, beeindruckt von Seiichis neu gewonnener Stärke, verliebt sich unsterblich in ihn.
Nachdem auch Saria eine Frucht der Evolution isst und sich in eine menschliche Frau verwandelt, verlassen die beiden den Wald und versuchen, sich in der Zivilisation zurechtzufinden. Sie treten der Abenteurergilde in der Stadt Tillburt bei und beginnen ein neues Leben. Von diesem Punkt an entfaltet sich die Handlung als eine Mischung aus Abenteuer und Komödie, in der Seiichi die Stadt vor Monsterhorden rettet, eine Stelle als Lehrer an einer Magie-Akademie annimmt und versucht, mit seiner stetig wachsenden Macht und einem immer größer werdenden Kreis weiblicher Verehrerinnen umzugehen.
Genre-Einordnung
The Fruit of Evolution ist im Kern unverkennbar ein Isekai. Alle grundlegenden Merkmale des Genres sind vorhanden: Der Protagonist wird aus dem modernen Japan in eine fremde Fantasy-Welt transportiert, die nach expliziten, videospielartigen Regeln funktioniert. Elemente wie Level, Statuswerte und Fähigkeiten werden nicht nur erwähnt, sondern dem Publikum regelmäßig durch eingeblendete Statusbildschirme präsentiert, was die Gamifizierung der Welt unterstreicht.
Obwohl die Serie in einem Fantasy-Setting angesiedelt ist, ist ihr primärer Modus die Komödie. Der Humor ist dabei alles andere als subtil. Er stützt sich auf überdrehten Slapstick, absurde Situationen – wie die Romanze mit einem Gorilla – und eine Flut von Meta-Kommentaren. Dazu gehören das wiederholte Durchbrechen der vierten Wand, bei dem die Charaktere das Publikum quasi ansprechen, sowie offene Parodien auf andere bekannte Anime-Franchises wie JoJo’s Bizarre Adventure oder Neon Genesis Evangelion.
Als sekundäre Elemente kommen Romanze und Harem hinzu. Seiichi sammelt im Verlauf der ersten Staffel eine beachtliche Gruppe weiblicher Charaktere um sich, die ihm Zuneigung entgegenbringen. Der besondere Kniff der Serie liegt darin, dass dieser Harem nicht ausschließlich aus Menschen besteht. Mit der ehemaligen Gorilla-Dame Saria und der zu einem Mädchen evolvierten Eselin Lulune wird das Harem-Konzept ins Absurde übersteigert.
Diese Genre-Mischung führt zu einer fundamentalen Frage bezüglich der Intention der Macher. Die Serie arbeitet akribisch fast jeden erdenklichen Power-Fantasy-Trope des Isekai-Genres ab: der gemobbte Verlierer, der zum gutaussehenden und übermächtigen Helden wird , der sofortige Erwerb von unzähligen Fähigkeiten ohne Training , ein ihn anhimmelnder Harem und ein klares, spielbasiertes Fortschrittssystem. Diese fast schon lehrbuchhafte Umsetzung lässt zwei Schlüsse zu: Entweder zeugt sie von mangelnder Originalität, oder sie ist eine bewusste, parodistische Dekonstruktion des Genres. Vieles deutet auf Letzteres hin. Der Humor entsteht oft aus der Lächerlichkeit der Tropen selbst, etwa wenn Seiichi wiederholt seine eigene Verwirrung und seinen Ärger über seine unlogischen und übertriebenen neuen Kräfte zum Ausdruck bringt. Diese Herangehensweise schafft eine bewusste tonale Unausgewogenheit, die ein zentrales Merkmal der Serie ist. Sie ist gleichzeitig ein generischer Isekai und eine Satire darüber. Genau diese Dualität ist der Grund für die gespaltene Rezeption: Zuschauer, die eine geradlinige Fantasy-Geschichte erwarten, werden vor den Kopf gestoßen, während diejenigen, die sich auf die Absurdität einlassen, sie als urkomisch empfinden.
Setting und Umfeld
Die Welt von The Fruit of Evolution funktioniert nach den expliziten und transparenten Regeln eines Videospiels. Charaktere besitzen klar definierte Statuswerte, Fähigkeiten und Level, die ihren Fortschritt und ihre Macht quantifizieren. Dieses System ist kein bloßes Hintergrunddetail, sondern ein aktiver Bestandteil der Erzählung und vor allem der Komödie. Seiichis Statusbildschirm, der seine ins Absurde steigenden Werte anzeigt, wird oft selbst zur Pointe eines Gags.
Die Handlung der ersten Staffel spielt sich an mehreren zentralen Orten ab. Sie beginnt im gefährlichen Wald des endlosen Liebesschmerzes , einem Ort, der Seiichis anfängliche Isolation symbolisiert. Später verlagert sich das Geschehen in die Stadt Tillburt, die als typischer Knotenpunkt für Abenteurer dient und Heimat einer besonders exzentrischen Abenteurergilde ist. Das Königreich Wimburg repräsentiert die politische Macht der Region , während die Magie-Akademie Barbador als Schauplatz für Seiichis neue Rolle als Lehrer dient. Die Gesellschaftsstruktur ist die eines klassischen Fantasy-Feudalstaates mit Königen, Adligen und einfachen Bürgern, wobei die Abenteurer eine eigene, Söldner-ähnliche Kaste bilden.
Unter der komödiantischen Oberfläche schimmert ein wiederkehrendes Thema durch: die Korruption der Mächtigen. Es wird angedeutet, dass die einfachen Leute meist gutherzig sind, während Adlige und Könige oft als egoistisch, ausbeuterisch und grausam dargestellt werden. Ein düsteres Detail ist, dass die Dungeons und ihre Monster aus den rachsüchtigen Seelen der Opfer dieser Herrscher entstanden sind.
Trotz dieser Ansätze zu tiefergehenderem Weltenbau bleibt das Setting letztlich oberflächlich. Die Welt von The Fruit of Evolution dient weniger als ein lebendiger, atmender Organismus, sondern vielmehr als eine Bühne oder ein Sandkasten für die komödiantischen Einlagen. Die Handlung wirkt oft ziellos, und die eingeführte Bedrohung durch das Kaiser-Imperium entfaltet kaum spürbares Gewicht, da die Welt nicht ausreichend entwickelt ist, um die Einsätze real erscheinen zu lassen. Diese Priorisierung von Gags gegenüber einer kohärenten Erzählung und einem tiefgründigen Weltenbau ist eine bewusste Entscheidung, die jedoch eklatant zu Tage tritt, sobald die Serie versucht, ernste oder dramatische Handlungsstränge zu etablieren. Das fadenscheinige Fundament des Settings kann die dafür erforderliche emotionale und politische Schwere schlicht nicht tragen.
Charakterbeschreibungen
Das Ensemble von The Fruit of Evolution ist ebenso exzentrisch wie die Welt, die es bewohnt. Die Charaktere sind der Motor für den Großteil des Humors, auch wenn dies oft auf Kosten ihrer Tiefe geht.
Seiichi Hiiragi
Als Protagonist ist Seiichis Entwicklung der zentrale Pfeiler der Serie. Seine Reise beginnt als emotional und körperlich gezeichneter Außenseiter, der durch die Frucht der Evolution eine vollständige äußere Transformation erfährt. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich sein Kerncharakter kaum verändert. Er bleibt ein im Grunde gutherziger, bescheidener und oft überforderter junger Mann, dessen neue Umstände es ihm lediglich erlauben, diese positiven Eigenschaften ohne die Last des Mobbings auszuleben. Ein wiederkehrender und zentraler Running Gag ist seine ständige Verzweiflung und Fassungslosigkeit über seine eigenen, lächerlich übermächtigen Fähigkeiten.
Saria
Ihr Werdegang ist einer der ungewöhnlichsten der Serie. Sie wird als monströser, rosafarbener „Kaiser Kong“ eingeführt, eine der stärksten Kreaturen des Waldes. Nach dem Verzehr einer Evolutionsfrucht verwandelt sie sich in eine konventionell attraktive, junge Frau. Ihre Persönlichkeit ist geprägt von einer reinen, unerschütterlichen und fast schon naiven Zuneigung zu Seiichi. Sie ist frei von Eifersucht oder Besitzdenken, was sich am deutlichsten zeigt, als sie selbst vorschlägt, dass Seiichi neben ihr auch Artoria zur Frau nehmen solle. Dies unterstreicht den unkonventionellen und parodistischen Ansatz der Serie zum Harem-Trope.
Artoria Gremm
Sie wird als „Die Kalamität“ vorgestellt, eine tragische Figur, die durch einen Fluch des extremen Pechs zur Isolation verdammt ist. Ihr Leben ändert sich schlagartig durch Seiichis Eingreifen. Er befreit sie nicht nur von ihrem Fluch, sondern löst durch eine ungeschickte Geste versehentlich eine romantische Beziehung aus. Sie entwickelt sich von einer zynischen Einzelgängerin zu einer loyalen und schlagkräftigen Begleiterin, die mit ihrer riesigen Axt kämpft und dabei klassische Züge eines Tsundere-Archetyps zeigt.
Lulune
Eine ursprünglich gewalttätige Eselin, die durch eine Evolutionsfrucht zu einem menschlichen Mädchen wird. Ihr Charakter ist fast ausschließlich durch ihren unstillbaren Appetit definiert und dient als rein komödiantische Ergänzung des Harems.
Origa Calmeria
Eine junge Attentäterin vom Volk der Katzenmenschen. Ihre tragische Hintergrundgeschichte als versklavte Kindersoldatin ist ein Paradebeispiel für den extremen tonalen Bruch der Serie: Ihr tiefes Trauma wird von Seiichi mit einem absurd-komischen Zauber gelöst, der den Geist von Abraham Lincoln beschwört. Sie wird von Seiichi als kleine Schwester adoptiert.
Louise Balze
Die hoch angesehene und mächtige Anführerin der Walküren, der Eliteeinheit des Königreichs. Nachdem Seiichi sie mühelos in einem Übungskampf besiegt, entwickelt sie eine tiefe Bewunderung für ihn und bittet ihn, ihr Meister zu werden. Ihre schnelle Ergebenheit zementiert weiter Seiichis Status als ultimativer Harem-Protagonist, der die stärksten Persönlichkeiten der Welt anzieht.
Karen Kannazuki
Seiichis gutherzige Kindheitsfreundin und die Schülersprecherin aus seiner alten Welt. Sie war eine der wenigen, die ihn schon vor seiner Transformation freundlich behandelte. Ihre Anwesenheit in der neuen Welt und ihre Sorge um Seiichi dienen als Bindeglied zu seiner Vergangenheit und als Aufbau für zukünftige Handlungsstränge.
Die Abenteurergilde von Tillburt
Diese Gruppe ist eine Ansammlung wandelnder Karikaturen. Der Gildenmeister Guscle Kroot ist von Muskeln besessen, während die Rezeptionistin Eris McClain eine Vorliebe für Sadomasochismus pflegt. Ihre Einführung ist eine ausgedehnte Gag-Sequenz, die den Fokus der Serie auf derben und überzogenen Humor unmissverständlich klarstellt.
Die Charakterisierung in The Fruit of Evolution folgt einem klaren Muster: Abgesehen vom zentralen Trio sind die meisten Figuren als Einzweck-Gag-Mechanismen konzipiert. Jeder von ihnen ist um ein einziges, sich ständig wiederholendes Merkmal herum aufgebaut: Lulune steht für Völlerei, Guscle für Muskeln, Eris für SM-Praktiken. Dies ist eine bewusste stilistische Entscheidung, die der primären Funktion der Serie als Gag-Komödie dient. Während diese Methode für zuverlässige, wenn auch simple, Pointen sorgt, führt sie unweigerlich dazu, dass die Charaktere flach und eindimensional wirken. Dieser Ansatz ist für Zuschauer, die nach unkomplizierter, „dummer Unterhaltung“ suchen, effektiv , stellt jedoch eine erhebliche Schwäche für all jene dar, die charakterliche Tiefe oder eine bedeutungsvolle Entwicklung erwarten. Auch hier liegt eine Ursache für die gespaltene Wahrnehmung der Serie.
Zeichnungen: Qualität und Stil
Der visuelle Stil der Serie wird durchweg als generisch und austauschbar beschrieben. Die Charakterdesigns bedienen sich standardisierter Anime-Archetypen, ohne eine eigene, wiedererkennbare Identität zu entwickeln. Es fehlt an visueller Originalität, die die Serie von unzähligen anderen Fantasy-Anime abheben könnte.
Noch problematischer als der Stil ist die handwerkliche Qualität der Zeichnungen. Die Ausführung ist oft mangelhaft, was sich in häufigen Fehlern in den Charaktermodellen äußert. Selbst in Standbildern weichen die Figuren von ihrem Design ab, was auf eine nachlässige oder überhastete Produktion schließen lässt. Dieser Mangel an visueller Sorgfalt untergräbt auch die beabsichtigten Fanservice-Momente, da die Darstellung der Charaktere selten die nötige ästhetische Anziehungskraft erreicht.
Animation: Qualität und Umsetzung
Die Animation wurde vom Studio Hotline produziert, einem Studio mit wenigen namhaften Referenzen, was sich in der Qualität des Endprodukts widerspiegelt. Unterstützung kam von den Studios Children’s Playground Entertainment und Feel. Die Animation ist der wohl am einstimmigsten verurteilte Aspekt der Serie. Kritiker und Zuschauer beschreiben sie als steif, unnatürlich und extrem budgetschonend. Besonders in den Actionszenen bricht die Qualität ein; Kämpfe wirken oft wie eine Abfolge von Standbildern oder eine Diashow anstatt einer flüssigen Bewegungschoreografie.
Soundtrack: Qualität und Wirkung
Die musikalische Untermalung, komponiert von einem Team aus Asuka Ogura, Hideyuki Gushimiyagi und sky_delta, kann die visuellen Schwächen nicht kompensieren. Der Soundtrack wird im besten Fall als „in Ordnung“ und unauffällig beschrieben, meist jedoch als einfallslos, generisch und letztlich vergessenswert. Weder in komödiantischen noch in den seltenen dramatischen Momenten gelingt es der Musik, eine nennenswerte emotionale Wirkung zu erzielen.
Die Leistung der Synchronsprecher ist ein zweischneidiges Schwert. Der Cast besteht aus talentierten und bekannten Sprechern , doch die Regieanweisungen scheinen sie oft zu übertriebenen und schrillen Darbietungen zu drängen. Das ständige Schreien und die überzogenen Reaktionen sind ein Stilmittel, das die Meinungen spaltet. Einige Zuschauer empfinden es als nervtötend und unlustig , während andere gerade in der Energie und dem hörbaren Spaß der Sprecher einen der wenigen Reize der Serie sehen.
Die Summe dieser technischen Mängel deutet auf ein fundamentales Versagen in der Produktion hin. Es handelt sich nicht um isolierte Probleme, sondern um ein grundlegendes Defizit, das eine Kaskade negativer Effekte auslöst. Die schlechte Animation macht die Action langweilig. Die ungeschickte Regie zerstört das komödiantische Timing. Der generische Zeichenstil macht die Charaktere und den Fanservice unattraktiv. Der unscheinbare Soundtrack raubt den Szenen jede emotionale Tiefe. Dies alles lässt auf ein stark begrenztes Budget oder einen extrem engen Zeitplan schließen – eine Hypothese, die durch die ungewöhnliche Crowdfunding-ähnliche Kampagne für die Blu-ray-Veröffentlichung gestützt wird, bei der 300 Vorbestellungen nötig waren, damit die Box überhaupt produziert wird. Die technischen Unzulänglichkeiten sind somit die Wurzel vieler weiterer Probleme der Seri
Stärken der Serie
Anspruchslose „Dämliche Unterhaltung“: Die vielleicht größte Stärke der Serie liegt in ihrer völligen Anspruchslosigkeit. Sie ist die Art von Anime, bei der man das Gehirn ausschalten und sich einfach von der Absurdität berieseln lassen kann. Für Zuschauer, die nach einer leichten, unkomplizierten Ablenkung suchen, erfüllt die Serie genau diesen Zweck.
Selbstironische Parodie: Für ein Publikum mit einem Faible für Meta-Humor ist die Serie ein Erfolg. Ihre Bereitschaft, die Konventionen des Isekai-Genres nicht nur zu nutzen, sondern sie bis zur Lächerlichkeit zu übersteigern, wird als bewusste und oft gelungene Parodie wahrgenommen. Die Serie nimmt sich selbst nicht ernst, und genau das macht sie für diese Zuschauergruppe sympathisch.
** liebenswerte, alberne Charaktere**: Obwohl es den meisten Figuren an Tiefe mangelt, kann ihre schiere Albernheit und die aufrichtige, wenn auch simple, Art der Hauptcharaktere durchaus liebenswert sein. Die Interaktionen innerhalb der Gilde oder des Harems sind so überzogen, dass sie einen eigenen, chaotischen Charme entwickeln, den einige Zuschauer als unterhaltsam empfinden.
Schwächen der Serie
Mangelhafte technische Umsetzung: Dies ist die objektivste und gravierendste Schwäche. Die minderwertige Qualität von Zeichnungen, Animation und Regie ist ein permanentes Hindernis für das Sehvergnügen und zieht das gesamte Produkt auf ein unprofessionelles Niveau herab.
Extreme tonale Dissonanz: Der wohl größte erzählerische Fehler der Serie ist ihre Unfähigkeit, Komödie und Drama miteinander zu vereinbaren. Immer wieder werden ernste Themen wie Sklaverei, Trauma oder Krieg eingeführt, nur um im nächsten Moment von albernen Gags oder infantiler Komik untergraben zu werden. Dieses ständige Hin und Her zwischen den Tonlagen führt zu einer inkohärenten Erfahrung, bei der weder die ernsten Momente emotional wirken noch die komödiantischen unbeschwert genossen werden können.
Repetitiver und oft unlustiger Humor: Was für die einen eine Stärke ist, ist für die anderen eine massive Schwäche. Viele Zuschauer empfinden den Humor als einfallslos, da er sich auf wenige, ständig wiederholte Witze stützt. Die Gags sind oft vorhersehbar und nutzen sich schnell ab, wodurch die Komödie für einen großen Teil des Publikums eher zu einer Quelle der Irritation als der Belustigung wird.
Oberflächliche thematische Behandlung: Die Serie greift potenziell tiefgründige Themen wie Mobbing und Körperbild auf, nur um sie mit einer magischen „Alles-wird-gut“-Lösung abzutun. Seiichis Probleme werden nicht durch charakterliche Entwicklung überwunden, sondern durch den Verzehr einer Wunderfrucht ausgelöscht. Diese oberflächliche Behandlung wird von einigen als problematische und unbefriedigende Botschaft kritisiert.
Fazit
The Fruit of Evolution: Before I Knew It, My Life Had It Made ist ein Paradoxon von einem Anime. Es ist eine Serie, die auf fast jeder technischen und handwerklichen Ebene versagt und dennoch – oder gerade deswegen – für ein sehr spezifisches Nischenpublikum eine Quelle großer Unterhaltung sein kann. Sie ist der Inbegriff einer „Love it or hate it“-Show, deren Wert fast ausschließlich von der Erwartungshaltung und der persönlichen Toleranzschwelle des Zuschauers abhängt.
Wer eine fesselnde Geschichte, tiefgründige Charaktere, durchdachten Weltenbau oder auch nur eine kompetente Animation sucht, dem sei von dieser Serie dringend abgeraten. Sie wird diesen Ansprüchen in keiner Weise gerecht und dürfte für solche Zuschauer eine frustrierende Erfahrung sein.
Wer jedoch ein Fan von sogenanntem „Trash-Isekai“ ist, wer Freude an absurder, selbstironischer Komödie hat und wer es genießt, zuzusehen, wie Genre-Konventionen bis an ihre logischen und unlogischen Grenzen getrieben werden, könnte in The Fruit of Evolution genau das finden, was er sucht. Die Serie ist eine Einladung, die kritische Brille abzusetzen und sich dem Chaos hinzugeben.
Letztendlich ist der Erfolg von The Fruit of Evolution nicht der eines guten Anime im klassischen Sinne. Sein Erfolg liegt darin, ein faszinierendes Fallbeispiel dafür zu sein, wie eine Serie trotz eklatanter Mängel eine treue Anhängerschaft finden kann, indem sie ihre eigene Absurdität nicht nur akzeptiert, sondern sie mit voller Überzeugung zu ihrem Markenzeichen macht.

Titel in Deutschland: The Fruit of Evolution: Before I Knew It, My Life Had It Made
Titel in Japan: Shinka no Mi: Shiranai Uchi ni Kachigumi Jinsei
Erscheinungsjahr: 2021
FSK-Freigabe: AB 13 (laut Prime Video)
Produktionsstudio: Hotline
Genre: Isekai, Fantasy, Komödie, Romanze, Harem
Episodenanzahl: 2 Staffeln je 12 Folgen
Laufzeit pro Episode: ca. 23-24 Minuten



















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Persönliche Meinung

The Fruit of Evolution ist eine Serie, die die Anime-Gemeinschaft spaltet wie kaum eine zweite. Es gibt nur zwei Lager: Entweder man liebt sie für ihren absurden Humor und feiert sie als urkomisches, verschrobenes Meisterwerk, oder man ist zutiefst schockiert über die eklatanten technischen Mängel in Grafik, Animation, Sound und Storytelling. Dazwischen gibt es nichts. Man mag es oder man hasst es.
Ich mache kein Hehl daraus: Ich mag sie. Ich finde die Charaktere auf ihre schrullige Art und Weise durchweg sympathisch. Ich liebe dieses ständige Springen von einem überzogenen Klischee ins nächste, das die Serie wie eine Parodie auf ihr eigenes Genre wirken lässt. Klar, die Bilder und die Animation sind schauderhaft simpel. An die Musik kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern, so unscheinbar war sie. Aber das ist mir egal. Ich habe die Serie einfach gern gesehen.
Natürlich, unser Sterne-System soll so objektiv wie möglich sein (O-Ton Funny). Realistisch betrachtet hat diese Serie aufgrund ihrer handwerklichen Defizite eigentlich keinen einzigen Stern verdient. Aber ich sage es noch einmal:
ICH mag die Serie. Also setze ich mich über alle Regeln und Konventionen hinweg und verleihe ihr einen Ehrenstern.
Ich bin Darin und das ist MEINE Meinung!
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